Rezension

Ganz anders als erwartet, aber dennoch auf andere Art und Weise toll

Die Insel der besonderen Kinder - Ransom Riggs

Die Insel der besonderen Kinder
von Ransom Riggs

Bewertet mit 4 Sternen

Die Geschichten seines Großvaters waren für ihm immer das Highlight seiner Jugend. Als Kind wollte er dieselben Abenteuer erleben und ein Held sein.
Bis der Tod ihn erkennen ließ, welche Wahrheit hinter den Märchen steckte.

Jacob Portman liebte seinen Opa über alles. Der alte Mann erzählte ihn von brutalen Kämpfen, fremden Ländern und gruseligen Monstern, die ihn stets aufs Neue begeistern konnten. Doch nun ist er tot, ermordet auf seinem eigenen Grundstück und sein Enkel entdeckt dort ein seltsames Wesen, das ihn von da an ständig in seine Alpträume hinein verfolgen wird. Niemand will ihm glauben, was er gesehen hat, seine Eltern schicken ihn sogar zu einem fähigen Therapeuten.
Aber Jacob muss wissen, was hinter all dem steckt und entschließt sich, die Insel zu besuchen, auf der Abraham Portman damals im Zweiten Weltkrieg in einem Waisenhaus Zuflucht fand. Und das angeblich eine Reihe außergewöhnlich begabter Kinder beherbergen soll.

 

Meinung

Die ungewöhnliche Aufmachung hat mich als Erstes auf das Buch aufmerksam gemacht und beim Durchblättern fand ich die Fotografien einfach nur toll. Und zum Glück wird der Inhalt dem Äußeren super gerecht.
Vor allem die Figuren sind sehr plastisch und richtig lebendig dargestellt, dass ich mich in über die Hälfte sofort auf den ersten Blick verliebt habe. Nicht nur Jacob hat mir richtig gut gefallen, der mit seinen sechzehn Jahren weitaus reifer ist als andere in seinem Alter und dennoch seine Unsicherheit in so manchen Angelegenheiten kaum verbergen kann. Im wunderbaren Gegensatz dazu wirken die Kinder auf der Insel einerseits so, als würden sie über viel mehr Lebenserfahrung verfügen, andererseits erscheinen sie in vielen Dingen noch recht kindlich und unerfahren, sodass sich alle perfekt ergänzen. Über die Geschichte hinweg macht jeder von ihnen eine mal mehr, mal weniger ausgeprägte Entwicklung durch, was für Abwechslung und sogar für so einige Lacher sorgt. Zudem bestechen die Charaktere durch ihre Unterschiedlichkeit, nicht nur was ihre Fähigkeiten angeht. So fällt es leichter, sich mit mindestens einem von ihnen zu identifizieren und die Ereignisse aus dessen Sicht mitzuerleben. Nur die kleinen Nebenpersonen kommen leider ein wenig zu kurz und erwecken eher den Eindruck von Statisten, obwohl selbst sie sehr interessant sind.
 
Dem flüssig zu lesenden Schreibstil konnte ich wunderbar folgen, auch wenn ich anfangs etwas ganz anderes erwartet hatte und mich erst daran gewöhnen musste. Denn entgegen meinen Vorstellungen ist die Art und Weise, wie Ransom Riggs die einzelnen Situationen beschreibt, weder zu fantastisch noch zu horrorlastig. Zwar gruselt es einem beim Anblick der beigefügten Fotos manchmal schon ein bisschen und Gewaltszenen gibt es ebenfalls vermehrt, aber echte Gänsehaut kam bei mir selten auf. Dafür hat mich die Spannung und Action der Handlung immer wieder mit sich gerissen und die vielen unerwarteten Wendepunkte verleihen dem Geschehen etwas unvorhersehbares, was mir besonders gut gefallen hat.
Ein paar Längen gibt es dennoch, überwiegend im ersten Drittel, bis man schließlich den eigentlichen Schauplatz erreicht. Erst ab dem Zeitpunkt konnte ich Die Insel der besonderen Kinder nicht mehr aus der Hand legen und verfolgte fasziniert, mit welcher Welt Jacob dort konfrontiert wurde.

 

Fazit

 

Mit Die Insel der besonderen Kinder hat Ransom Riggs ein ungewöhnliches, aber auch faszinierendes Werk geschrieben. Die lebendigen Hauptcharaktere, die sich langsam entwickeln und durch ihre Vielfalt bestechen, der mitreißende, andersartige Schreibstil, die mit Spannung und Action gespickte Handlung und die dazu passenden Fotos sind meiner Meinung nach das Gelungenste an diesem Roman.
Da verzeiht man auch gerne die gelegentlichen Längen zu Anfang und die Tatsache, dass nicht alle Figuren den Raum einnehmen, den sie verdienen.
Wer einer besonderen Aufmachung nicht widerstehen kann, glaubwürdige Protagonisten mag, die durch ihre unterschiedlichen Wesenszüge begeistern und den die einen oder anderen detailliert beschriebenen Gewaltszenen nicht abschrecken, der sich sollte dieses Buch unbedingt mal genauer ansehen.