Ganz große klasse!
„Lydia ist tot. Aber das wissen sie noch nicht.“ (S.9)
Das sind die ersten beiden Sätze dieses Romans, die uns sofort in die Dynamiken dieses Buches ziehen. Der Fokus liegt auf der Familie Lee, dessen Lieblingstochter Lydia gestorben ist. Aber wie ist sie gestorben, warum, hatte es jemand auf sie abgesehen? Als typsicher Krimi aufgebaut, behandelt die Autorin viel mehr die Charaktere um Lydia. Die Figuren der Eltern und Geschwister: was wissen sie? Haben sie Geheimnisse? Wie gehen sie mit dem Tod Lydias um? Wir tauchen immer tiefer in die Gefühlwelten der Personen ein, lernen jeden von ihnen genau kennen. Das macht die Autorin hervorragend. Sie verknüpft Krimi mit Charakterstudie und zeigt, wie die Erziehung der Eltern ausschlaggebend ist für die Erziehung ihrer eigenen Kinder, wie Kinder ihre Erwartungen erfüllen möchten, bis sie zu dem Punkt kommen, in dem sie ihr eigenes Leben in die Hand nehmen müssen. Die Autorin veranschaulicht präzise, wie es ist als Migrant aufzuwachsen, in diesem Fall als Asian-American, wie Hinterbliebene mit dem Tod umgehen und wie Geschwister sich unterschiedlich entwickeln. Doch vor allem unterstreicht Celeste Ng immer wieder die große Schwäche dieser Familie: Die fehlende Kommunikation.
Abschließend, ein sehr gut geschriebenes Buch, das auf keiner Seite langweilig wurde und ein schönes Ende hat.