Rezension

Ganz großes Kino

Doctor Sleep - Stephen King

Doctor Sleep
von Stephen King

Es ist lange her, dass ich ein Stephen King-Buch gelesen habe. Es standen und stehen zwar einige in meinem Regal, aber in den letzten Jahren konnte mich keins so richtig reizen, so dass ich einen Großteil wieder abgegeben habe. „Under the dome“ hatte ich mir zugelegt, aber der Umfang hat mich immer etwas abgeschreckt. Dann kam die Fernsehserie und ich habe den Fehler gemacht, sie mir (zumindest zum Teil) anzusehen. Damit war das Buch dann ganz für mich gestorben.

„Doctor Sleep“ ist erst kürzlich auf meiner Wunschliste gelandet und das auch nur eher zögerlich. Dann gab es aber zufällig die Originalausgabe in der Bücherei und ich konnte doch nicht widerstehen. Ich weiß nicht, ob ich den Vorgänger „The Shining“ je gelesen habe. Ich meine zwar, ich hätte es zumindest zum Teil gelesen, bin aber nicht hundertprozentig sicher. Aber im Großen und Ganzen kennt wohl jeder die Eckpunkte der Geschichte, was völlig ausreicht, wenn man „Doctor Sleep“ liest. Danny Torrance ist inzwischen erwachsen und hat den Rocky Mountains den Rücken gekehrt. Jede geographische Annäherung an den Schauplatz des Terrors aus seinen Kindheitstagen meidet er und gondelt stattdessen durch die USA, von einem Gelegenheitsjob zum nächsten. Irgendwann landet er in einer Kleinstadt an der Ostküste – und bleibt. Er findet einen Job in einem Hospiz und stellt sich endlich seiner Alkoholsucht. Und dann trifft er Abra. Und muss sich letztendlich auch seinen geheimsten Dämonen stellen.

Das Buch umspannt eine ziemlich lange Zeit. Es beginnt mit einigen Abschnitten, in denen erläutert wird, wie es Danny und seiner Mutter nach den Ereignissen im Overlook Hotel ergangen ist. Auch Dick Hallorann, der Koch aus „The Shining“ taucht hier wieder auf, er ist immer noch so etwas wie ein Mentor für Danny.

Man erfährt auch ein wenig vom True Knot, was allerdings anfangs noch eher harmlos anmutet. Nach rund fünfzig Seiten erfährt man auch endlich von Abra, die allerdings zu diesem Zeitpunkt noch ein Baby ist und so anfangs auch nicht ganz so häufig vorkommt. Dan weiß noch nichts von ihr und hat keine Ahnung, dass nur eine Kleinstadt weiter ein Mädchen wohnt, das sein eigenes Shining mit ihren Fähigkeiten in den Schatten stellt. Es dauert über zehn Jahre, bis Dan und Abra sich kennenlernen und wenn man es genau nimmt geht die Geschichte dann eigentlich erst richtig los. Auch der True Knot hat durch einen Zufall von Abra erfahren und macht Jagd auf sie. Denn der True Knot ist ein Clan, der Kinder mit dem Shining tötet, um sich ihre Essenz, ihren „Steam“, einzuverleiben und so ewig zu leben.

Aber auch, wenn die Geschichte eigentlich erst nach rund der Hälfte des Buches losgeht ist die erste Hälfte in keinster Weise langweilig. Im Gegenteil. Es gibt nicht so häufig Bücher, die ich kaum aus der Hand legen kann, aber „Doctor Sleep“ gehört dazu. King schafft es, die Story interessant voranzutreiben, auch wenn teilweise gar nicht viel Weltbewegendes passiert. Und wenn man zum Ende hin denkt, man wüsste, wie die Geschichte ausgeht kommt garantiert noch die eine oder andere unerwartete Wendung.

Wenn ich einen Kritikpunkt habe, dann den, dass die Schrift in meiner Ausgabe ruhig ein bis zwei Punkte hätte größer sein dürfen. Ich hätte lieber sechs- oder siebenhundert Seiten bequem gelesen als diese Mini-Schrift in Kauf zu nehmen. An der Geschichte gibt es allerdings überhaupt nichts zu meckern. Ein Meisterwerk!