Rezension

Ganz großes Kino

Das Flüstern der Bienen -

Das Flüstern der Bienen
von Sofia Segovia

Bewertet mit 5 Sternen

Mexiko vor gut 100 Jahren. Die Großgrundbesitzerfamilie Morales findet auf seinem Grundstück ein ausgesetztes Baby. Das Baby, Simonopio, ist entstellt und von Bienen umgeben. Viele Bewohner des Ortes Linares und der Hacienda der Morales begegnen ihm mit Aberglauben und Misstrauen. Doch die Familie Morales nimmt Simonopio, der stets von Bienen umschwärmt wird, bei sich auf und betrachtet ihn als Ziehsohn. Im Laufe der Jahre bewahrt der Junge die Bewohner durch seine prophetische Gabe immer wieder vor Unheil…

Die Autorin Sofia Segovia entführt uns mit ihrem Roman „Das Flüstern der Bienen“ ins Mexiko der Jahre 1910 – 1930. Das Land wird erst von einem langen Bürgerkrieg und dann auch noch von der Spanischen Grippe erschüttert. Fürchteten die Großgrundbesitzer sich erst vor den kämpfenden Parteien, die ihnen die Ernte oder Frauen stahlen, so bangen sie bald um die Enteignung ihrer Ländereien.

Das Buch ist sprachgewaltig und teilweise poetisch. Die Autorin schreibt tiefgründig und ihre Beobachtungen und Überlegungen haben mitunter durchaus etwas philosophisches. Die Autorin bedient sich unterschiedlicher Erzählelemente, um uns als Leser in ihre Geschichte zu entführen bzw. „versinken zu lassen.“ Zu Beginn des Buches fiel es mir ein wenig schwer, den unterschiedlichen Erzählperspektiven zu folgen. Mir hätte es sehr geholfen, wenn den Kapitelüberschriften zusätzlich Jahreszahlen beigefügt worden wären. Doch nach der anfänglichen Verwirrung, breitet sich eine spannende, detailreiche und fantasievolle Geschichte vor dem Leser aus. Auch der Humor kommt in dem Buch nicht zu kurz. Dieser ist zum Teil subtil, oft sehr schwarz, aber Sofia Segovia trifft damit stets ins Schwarze. Über weite Strecken hinweg ist der Erzählstil warmherzig, doch durchaus auch brutal, wenn es um die Schilderung von Verbrechen geht. Die wichtigsten Figuren sind gut ausgearbeitet und dadurch sehr lebendig.

Den Roman hat die Autorin bereits im Jahr 2015 geschrieben. Umso erstaunlicher sind ihre Schilderungen zum Ausbruch der Spanischen Grippe und was diese für das Leben der Menschen bedeutete. Immer wieder werden der heutigen Leserin Parallelen zur Corona-Pandemie deutlich.

Mich hat die Mischung aus Familiengeschichte, magischer Erzählung um das Findelkind und Sozialstudie der damaligen Zeit sehr gut unterhalten. Ich habe gelacht, war geschockt, habe mich gefreut, hatte Tränen in den Augen, verspürte Wut und viele Emotionen mehr. Genauso sollte ein gutes Buch sein.