Rezension

Ganz ok für nebenbei

Der Ruf der Tiefen - Wolfgang Hohlbein

Der Ruf der Tiefen
von Wolfgang Hohlbein

Figuren: 
Janice ist eine junge Frau der Oberschicht, gut betucht und das zeigt sich auch in ihren Ansprüchen und Verhaltensweisen, die sie manchmal wirklich putzig erscheinen lassen. Egal unter welchen Umständen, sie lässt nie außer Acht, wer sie ist. Da sie gut behütet vor allem Schlechten lebt, kann sie nicht wirklich damit umgehen, dass ihr Leben nun aus den Fugen gerät. Und genauso wenig akzeptiert sie ein Nein als eine Antwort, und das muss sie als Frau in dieser Welt leider oft hören. Zwar beschließt Janice kurzerhand, loszuziehen um ihren Verlobten zu suchen, doch ist sie trotzdem keine selbstständige Person. Hätte sie Steve oder die Hilfe anderer nicht, wäre sie in einigen Momenten verloren gewesen. Durch ihre schnippische, anspruchsvolle Art und ihren für mich zu flachen Charakter, ist sie nicht unbedingt eine sympathische Figur, aber passt (vielleicht gerade deshalb) gut in die Welt und das Abenteuer, welches Hohlbein für sie geschaffen hat.

Steve mochte ich etwas mehr. Er ist ganz offensichtlich hinter Janice her, kommt ihr aber mit großem Respekt entgegen und zögert auch nicht, ihr dabei zu helfen, Joffrey, ihr Verlobter und sein bester Freund, wiederzufinden. 

Schreibstil: 
Wolfgang Hohlbein war einer der ersten Autoren, deren Bücher ich lieben gelernt habe. Umso enttäuschter bin ich von diesem. Keine Frage, er schafft eine bildreiche Geschichte und eine wunderbar düstere Atmosphäre, allerdings entwickelt sich die Story unheimlich langsam, scheint sich manchmal im Kreis zu drehen und wirkliche Spannung habe ich beim Lesen auch nie verspürt; Ein bisschen Neugier, aber nicht den Hunger auf mehr.

Inhalt: 
Während sonst niemand mehr auf eine Rückkehr hofft, will Janice ihren Verlobten nicht aufgeben, welcher vor knapp einem Jahr verschwunden ist. Tatsächlich stößt sie auf eine Spur, eine Karte, von der sie glaubt, dass sie ihr den Weg zu ihm zeigt. Fast zeitgleich beginnt allerdings etwas damit, sie zu verfolgen. Ein Wesen, mehr wabernde Masse als lebendiger Mensch oder wirkliches Tier, folgt ihr im Wasser und Janice begreift nach und nach, dass sie nicht mehr in Sicherheit ist, denn auch ein grauer Mann hat die Verfolgung aufgenommen. Sie reist los und bleibt wegen eines Sturms in einem kleinen Dorf hängen. Nach dem Unwetter, das die folgende Nacht tobt, ist alles anders geworden. Die Welt scheint zwielichtiger und auch Janice bemerkt das. Selbst Steve, bester Freund ihres Verlobten und ein treuer Begleiter, scheint etwas zu verbergen. Die Krone setzt dem Ganzen ein Geisterschiff auf, dass nur Janice in der Nacht gesehen zu haben scheint. Sie beginnt, nicht nur an dem Überleben ihres Geliebten, sondern auch an ihrer eigenen geistigen Gesundheit zu zweifeln.

Das alles mag für jemanden, der dieses Buch nicht kennt, nach recht viel zu klingen, doch liefert die Story erst nach 200 Seiten wirklich Substanz. Janice und Steve landen nämlich nun in einer Hafenstadt, in der Janice angegriffen wird. Tatsächlich besteht der Großteil der Handlung von „Ruf der Tiefe“ daraus, dass Janice für verrückt gehalten wird, um Antworten und ihren Verstand kämpft, oder einfach von einer Frage zur anderen stolpert.
Janice setzt immer wieder neue Prioritäten, wenngleich es immer dabei ihr Ziel ist, Joffrey näher zu kommen.
Dem gesamten Buch wären weniger Geheimniskrämerei und mehr Details zugute gekommen. Selbst mit einem überraschen gefühlvollem Ende konnte Hohlbein das Leseerlebnis für mich rückblickend nicht besser machen.