Rezension

Ganz sicher ein zukünftiger Kinderbuchklassiker

Drachenreiter - Die Feder eines Greifs
von Cornelia Funke

Wie wichtig Cornelia Funke Werte sind! Und wie souverän sie sie vermittelt!

Ein besonderer Auftrag führt den 14-jährigen Ben und seinen Adoptivvater Barnabas Wiesengrund nach Indonesien: Um die letzten drei Pegasusfohlen zu retten, benötigen sie die Sonnenfeder eines Greifs. Doch die Suche gestaltet sich schwierig, außerdem sind Greife ihrer Gefährlichkeit wegen berüchtigt, und die Zeit ist äußerst knapp.

Beinahe zwanzig Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes dürfen sich Fans endlich über die Fortsetzung des Drachenreiters freuen.

Cornelia Funke schafft es meisterhaft, die Leser schon auf den ersten Seiten einzufangen. Zügig und eindrücklich ersteht die magische Welt Mímameidrs, in der Barnabas Wiesengrund versucht, seltenen und bedrohten Tieren und Fabelwesen eine geschützte Heimat zu bieten. Vieles ist bekannt und vertraut. Aber auch Neueinsteigern gelingt das Eintauchen mühelos, allerdings scheint die Aufzählung immer weiterer Protagonisten anfangs kein Ende zu finden. Da hilft es, im Anhang eine Liste aller Teilnehmenden zu wissen. 

Während Geduld und Gedächtnis auf die Probe gestellt werden, wird langsam der Faden des Abenteuers aufgenommen. Im zweiten Drittel steigern sich Tempo und Spannung, das Buch kann kaum noch beiseite gelegt werden. Eine Aktion jagt die andere, Schauplätze und Handlungsstränge wechseln sich ab, eine überraschende Wendung folgt der nächsten. 

Es zeigt sich, dass für das Erreichen ihres Ziels die unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten der Freunde unentbehrlich sind und sich gegenseitig ergänzen. Dies verdeutlicht sehr kindgerecht die Vorteile einer heterogenen Gesellschaft, in der das Anderssein meistens einen Nutzen für die Gemeinschaft darstellt. Wichtig ist der Autorin zudem, nicht den Kampf, nicht Hass und Feindschaft in den Mittelpunkt zu stellen, sondern Freundschaft, Verlässlichkeit, Kreativität und manchmal auch Mut.

Ganz unvermittelt stehen ab und an kleine und große Erkenntnisse da, die sich stets sehr ungezwungen und beiläufig aus dem Kontext schälen („Vielleicht sollte man seine Freunde nicht danach aussuchen, welcher Art sie angehören, sondern danach, wie sie beschaffen sind“) und von denen zu hoffen ist, dass viele den Weg in die Herzen der jungen Leser finden. 

Eine großartige Bereicherung stellen die zahlreichen detaillierten und passgenauen Illustrationen der Autorin dar. Was muss es für einen Spaß machen, dieses Buch Kindern entsprechenden Alters vorzulesen!

Eine Fortsetzung wäre schön - träum - und würde sicher, wie diese Geschichte, viele Menschen ab etwa neun Jahren glücklich machen.