Rezension

Garvie ist wieder da und bringt auch gleich die Fortsetzung mit

Running Girl - Simon Mason

Running Girl
von Simon Mason

Bewertet mit 4 Sternen

Juhu! Endlich, endlich erscheint die von mir langersehnte Fortsetzung zu „Running Girl“ von Simon Mason - 2014 vom Fischer Verlag schon einmal unter dem Titel "Zu schön, um tot zu sein" veröffentlicht - auf Deutsch. Rowohlt bringt "Kid got shot" fast zeitgleich mit "Running Girl" heraus, ein Jugenddetektivroman, der mir damals richtig gut gefallen hat.

Wer gerne ruhige Kriminalfälle liest und nicht müde wird, gemeinsam mit der Hauptfigur einen Verdächtigen nach dem anderen abzuklappern, Zeugen zu befragen, Spuren zu sichern, Alibis zu überprüfen und Puzzlestücke zusammenzusetzen, dem kann ich das Buch nur ans Herz legen. Trotz einiger Kanten und Ecken sticht der Roman aus der großen Auswahl in diesem Bereich heraus.

Allerdings macht Simon Mason es dem Leser nicht ganz leicht: denn sein Meisterdetektiv ist nicht unbedingt ein zugänglicher Charakter. Garvie Smith ist ebenso ungewöhnlich wie faul – trotz eines beachtlichen IQ hängt der 15jährige zum Leidwesen seiner Mutter am liebsten mit seinen Kumpels auf einem alten Spielplatz rum. In die Schule geht Garvie eher sporadisch, lieber trinkt und raucht er oder beschäftigt sich mit mathematischen Rätseln. Bis… ja, bis eines Tages die gleichaltrige Schulschönheit Chloe Dow ermordet wird. Für den sonst notorisch gelangweilten Garvie ist der mysteriöse Tod von Chloe eine echte Herausforderung. Er entwickelt einen gefährlichen Ehrgeiz, den Fall selbst zu lösen und kommt dabei nicht nur dem schlecht gelaunten Inspektor Singh in die Quere, sondern auch dem Mörder.

Die Handlung ist in den Ausläufern einer englischen Kleinstadt angesiedelt und kratzt oberflächlich an Themen wie Einwanderung, Drogenmissbrauch und sozialem Status. Die Dialoge sind teilweise etwas derber und die Protagonisten sind alle auf die ein oder andere Weise schwierig. Da gibt es Chloes Exfreund Alex, der in soziales Abseits driftet, Chloes Freundin Jess, die alles für ein wenig Aufmerksamkeit tut, Naylor, den psychopathischen Hausmeister, einige skrupellose Kasinobesitzer, den etwas galligen Inspektor Singh und natürlich Garvie, den Gelangweilten.

Wer nun denkt „Puh, das hört sich aber bedrückend und schwermütig an“, keine Angst – „Running Girl/Zu schön, um tot zu sein“ ist in erster Linie eine klassische Detektivgeschichte. Mason schreibt flüssig und locker und hält kontinuierlich aber maßvoll Spannung, indem er den Leser ständig an der Nase herumführt. Das wichtigste aber: Trotz kleiner Ungereimtheiten wird der Fall logisch aufgelöst. Ich kann der Geschichte das Ende ehrlich abkaufen, was bei einem Krimi schon die halbe Miete ist.

Einziges Problem war für mich die rudimentäre Ausarbeitung der Charaktere, die kaum etwas über ihr Innenleben preisgeben. Garvie bildet da keine Ausnahme – er ist zwar ein sympathischer aber auch undurchsichtiger, fast emotionsloser Charakter. Warum er sich so starrsinnig in den Fall ‚Chloe Dow’ festbeißt, habe ich ehrlich gesagt nicht wirklich nachvollziehen können.

Ich bin gespannt, ob sich Garvie im Nachfolger weiterentwickelt hat und hoffe - in der festen Überzeugung, dass die Fortsetzung genauso gut ist - auf einen dritten Teil.