Rezension

Gefangen in einem Albtraum – Ein Psychothriller, der tief unter die Haut geht

Pretty Girls
von Karin Slaughter

Bewertet mit 5 Sternen

Nichts ist wie es schien. Eine fesselnde, zutiefst schockierende Reise in die Abgründe der menschlichen Seele. Ein Psychothriller mit hoher Sogwirkung.

Zum Inhalt:
Claire Scott hatte alles, wovon die meisten Menschen träumen: Einen liebevollen und treu sorgenden Partner, ein Leben in Luxus & Sorglosigkeit und Geld wie Heu. Doch eines Tages wird ihr Mann Paul vor ihren Augen in einer dunklen Seitengasse erstochen und Clairs ganzes Leben bricht zum zweiten Mal vollständig auseinander. Denn nichts ist mehr, wie es einmal war. Clair gerät immer tiefer in einen abgrundtief bösen Albtraum und es gibt anscheinend niemanden, dem Clair vertrauen kann…

Meine Meinung:
Die US-amerikanische Bestsellerautorin Karin Slaughter hat inzwischen weltweit über 30 Millionen Bücher verkauft, die in 32 Sprachen übersetzt wurden. Mit „Pretty Girls“ hat sie nun ihren neusten Psycho-Thriller vorgelegt und entführt ihre Leser in einen wahren Albtraum, der - einer Spirale gleich - immer tiefer in die bestialischen Abgründe der menschlichen Seele führt.

Die Story, die aus Sicht der Protagonistin Claire Scott erzählt wird, beginnt mit einem Unglücksfall, bei dem Claires Ehemann Paul bei einem Raubüberfall erstochen wird. Claire, die sich bislang um nichts selbst kümmern musste, steht auf einmal einsam und verlassen vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens. Es ist bedrückend und beängstigend zugleich zu lesen, wie schnell Claires bisheriges Leben daraufhin auseinander bricht, ihr wie Sand zwischen den Fingern verrinnt. Zunächst häufen sich merkwürdige, teilweise erschreckende Entdeckungen und undurchsichtige Ermittler mit zweifelhaften Absichten stochern in Clairs Haus und Leben herum. Doch auch Claire fängt an, ihr bisheriges Leben in Frage zu stellen, die Lügen und Täuschungen Schicht für Schicht abzutragen und immer tiefer zu den Geheimnissen ihres verstorbenen Manns vorzudringen. Was sie hierbei alles zu Tage fördert, schockiert nicht nur Claire, sondern auch den Leser, der die meiste Zeit den gleichen Wissensstand wie Claire hat. Nach jeder neuen Entdeckung denkt man sich beim Lesen „Schlimmer kann es ja nicht mehr kommen“. Aber Karin Slaughter wäre nicht Karin Slaughter, wenn man sich nicht auf Eines verlassen könnte: Es kommt noch schlimmer, garantiert! Die eigene Vorstellungskraft reicht schon nicht mehr aus, um sich auszumalen, was noch kommen könnte. „Pretty Girls“ ist alles andere als „leichte Kost“!

Besonders perfide wird Karin Slaughters Geschichte dadurch, dass Claires Leben nicht zum ersten Mal komplett aus den Fugen gerät. 24 Jahre zuvor verschwand ihre damals 19jährige Schwester Julia spurlos. Ein Schicksal, an dem Claires komplette Familie zerbrochen ist, und das letztendlich dafür gesorgt hat, dass Claires einziger Vertrauter ihr Ehemann Paul war. Doch diese alte Geschichte strahlt auch noch bis in die Gegenwart, wird in Form von alten Briefen von Clairs Vater an ihre vermisste Schwester Julia immer wieder in die Hauptstory eingestreut, so dass sich beide Themen nach und nach verweben.

Die 480 Seiten starke Story hat mich immer weiter in ihren Bann gezogen. Beginnend mit einem latent unguten Gefühl in der Magengegend entwickelte sich die Spannung stetig weiter, steigerte sich in Höhen, die mich beim Lesen fast mit einem Ohnmachtsgefühl ob der Dinge, die enthüllt wurden, zurückgelassen hat. Wenn man einmal in die Geschichte hineingefunden hat (was nicht schwierig war) und vom Sog der Ereignisse gepackt wurde, ist es wirklich schwer, dieses Buch wieder aus der Hand zu legen. Atemlos fiebert man mit Claire mit, verfolgt atemlos die Ereignisse und fragt sich, wohin das alles noch führen soll. Genau so muss ein guter Thriller sein!

Auch die Charaktere habe ich als besonders gelungen empfunden. Genauso wie Claire habe  auch ich mich beim Lesen gefragt, wer hier welche Rolle spielt, wer welche Geheimnisse und Motive hat. Brillant hat mich Karin Slaughter dazu gebracht, stellenweise keinem der Charaktere mehr zu vertrauen und mich von Claires Paranoia anstecken zu lassen.

Ebenfalls sehr gut hat es mir gefallen, wie eindrucksvoll Karin Slaughter beschreibt, wie das verschwinden von Julia Carroll die ganze Familie erst hat auseinander brechen lassen und schließlich ins Unglück geführt hat.

Interessanter Weise gibt es unter dem Titel „Tote Blumen“ ein 68 seitiges Prequel zu „Pretty Girls“, das die Geschichte von Julia Carroll erzählt. Ich selbst habe es noch nicht gelesen, werde es aber bestimmt noch nachholen.

FAZIT:
Nichts ist wie es schien. Eine fesselnde, zutiefst schockierende Reise in die Abgründe der menschlichen Seele. Ein Psychothriller mit hoher Sogwirkung.