Rezension

Gefühlvoll. Authentisch. Wunderschön. Tieftraurig. Menschlich.

Das Licht zwischen den Meeren
von M. L. Stedman

Zum Inhalt: Australien, nach dem Ersten Weltkrieg. Tom Sherbourne führt ein abgeschiedenes, aber glückliches Leben als Leuchtturmwärter auf der kleinen Insel Janus Rock, 150km vor der australischen Südwestküste. Nach den Gräueln der westeuropäischen Schlachtfelder, die ihn bis in seine Träume verfolgen, kann Tom sein Glück kaum fassen, dass das Schicksal ihm mit Isabel, genannt Izzy, eine so lebendige und hübsche Ehefrau zur Seite gestellt hat und sein Leben sich doch noch einmal auf dieSonnenseite drehen soll. Die beiden führen ein Leben in ihrem eigenen kleinen Paradies, zwischen Wellen und Felsen, dem von Möwen umtosten Leuchtturm, dem Wind und den Sternen. Doch das Glück der Beiden bleibt nicht ungetrübt. So groß ist der Wunsch nach einem Kind, so schmerzhaft sind Isabels wiederholte Fehlgeburten, so leer ist der ungefüllte Platz zwischen ihnen. Als eines Tages die Wellen ein Ruderbrot mit einem toten Mann, sowie einem verängstigten, aber gesunden Baby darin an Land spülen, erscheint es den beiden, als habe das Schicksal ein lang ersehntes Geschenk an Land gespült. Wie eine eigene Tochter ziehen sie das kleine Mädchen auf und die quälenden Gewissensbisse und die Fragen nach der Herkunft des Kindes lassen sich gut verdrängen, so lange die Wirklichlichkeit aus der Abgeschiedenheit auf Janus Rock besteht, wo Gut und Böse, Richtig und Falsch eigenen Gesetzen folgen.

Doch bei einem Landurlaub nach eineinhalb Jahren werden Tom und Izzy damit konfrontiert, dass ihre Entscheidung folgenschwer für einen anderen Menschen war und dessen Leben zerstört hat. Von nun an ist nichts mehr, wie es war...

Eigene Meinung: Es ist ein schwieriges Thema, welches in diesem Buch behandelt wird. Zu wem gehört ein Kind? Zu jenen, die es lieben. Zu allen, die es lieben? Wie weit darf man aus Liebe, bzw. getrieben durch die verzweifelte Suche nach Liebe und (Eltern-) Glück gehen? Das Leitmotiv der Geschichte, die zwei in entgegengesetzte Richtungen blickenden Gesichter des Gottes Janus versinnbildlicht die zentralen Elemente der Geschichte: die unterschiedlichen Entscheidungen zweier Menschen, das unterschiedliche Schicksal zweier Familien, die Insel zwischen zwei Meeren, die zum Angelpunkt der folgenschweren Geschehnisse wird.

Wie durch ein Sog habe ich mich in die Geschichte hineingezogen gefühlt. Jede der Hauptfiguren begeht folgenschwere Fehler – aber sie alle sind so menschlich gezeichnet, dass man sich in jede ihrer Taten hineinversetzen kann und den persönlichen Zwiespalt, die schwierige Entscheidung zwischen richtig und falsch, Vernunft und Liebe hautnah nachempfinden kann. Dabei kommt die Geschichte ohne jeglichen moralisch erhobenen Zeigefinger aus, sondern bleibt immer authentisch und schildert das zutiefst Menschliche. Das Ende ist tieftraurig, aber dennoch das beste Ende, dass diese Geschichte nehmen konnte, ohne dabei kitschig oder unglaubwürdig zu werden.

Die Geschichte um Tom und Izzy hat mich so in ihren Bann gezogen, dass ich das Buch nur schwer aus der Hand legen konnte. So kurz vor Ende des Jahres ist es für mich definitiv DAS Buch-Highlight des Jahres 2013 geworden. Die wunderbaren Bilder, die M.L. Stedman mit ihrer einfachen, aber dabei wunderschönen Sprache zeichnet, die tragische Geschichte und die tiefen, authentischen Emotionen werden sicher noch ein paar Tage nachwirken. Ich bin wirklich begeistert, wie ich es lange nicht mehr nach einem Buch war.