Rezension

Gefühlvolles Buch, das zum Nachdenken anregt

Die kleinen Geheimnisse des Herzens - Celia Anderson

Die kleinen Geheimnisse des Herzens
von Celia Anderson

Ein herzerwärmendes Buch über Vermissen, Einsamkeit, Freundschaft und Liebe in einem Dorf liebenswerter Menschen

Die ältere Dame May Rosevere im hohen Alter von 110 Jahren lebt in dem idyllischen Küstenörtchen Pengelly in Cornwall. Auf der steten Suche nach Erinnerungen fiebert sie ihrem 111. Geburtstag entgegen, den sie mit allen Mitteln versucht zu erreichen. Alles geht sehr behutsam vor und ihr Nachbar Andy bringt ab und an seine kleine Tochter Tamsin vorbei. So hat er einen Blick auf die rüstige Rentnerin und da er alleinerziehend ist, jemanden, der nach der Schule auf die Sechsjährige aufpasst. Aufgrund des frühen Todes der Mutter wirkt Tamsin schon älter, bringt aber einen frischen Schwung mit ihrer kindlichen Ader in das Dorf der älteren Generation. Ihr Vater Andy ist die gute Seele in Pengelly, fürsorglich und lässt nicht selten seine Wünsche deshalb außer Acht. May finde ich sehr gespalten. Zum einen ist sie prägender Charakter des Buches „Die kleinen Geheimnisse des Herzes“ von Celia Anderson. Sie wächst einem ans Herz, einfach, weil es die eigene Oma sein könnte. Zum Anderen ist sie mit der Elster auf dem Titel des Buches zu vergleichen: Diebisch, nur um sich selber aufgrund der Kraft von Erinnerungen am Leben zu halten. Anfangs wirkt May mit all ihren Fehlern negativ, jedoch sieht sie bald ein, das sie nicht nur auf Kosten anderer Handeln kann. Eine schöne Wendung des Buches. Diese wird zum Teil durch das von Ida Carnell hervorgerufene „Leihoma-Projekt“ unterstützt. May wird ausgerechnet Julia Lovell an die Hand gegeben, mit der sie seit Jahren im Streit steht. Julia stellt den zweiten Hauptcharakter neben May da. Die beiden können unterschiedlicher nicht sein, harmonieren jedoch perfekt zusammen. Schließlich bringt ihre Enkelin Emily neuen Schwung in die Story und ist mir sofort ans Herz gewachsen. Ihre Oma kann den Alltag nicht alleine meistern, weshalb sich ihre Enkelin Emily direkt auf den Weg macht. Das passt ihr ganz gut, da sie von ihrem Leben selbst etwas Abstand braucht. Eine sehr liebevolle und selbstbewusste Frau, die sich schnell in das Dorfleben hineinleben kann! Da ich selber in einem Dorf wohne, ist das manchmal gar nicht so leicht zu verwirklichen. Celia Anderson hat es aber geschickt eingefädelt.

 

Ich behaupte nicht zu viel, dass man bereits ab den ersten Seiten die Themen Einsamkeit, Älterwerden, Freundschaft, Vermissen und die Liebe herauslesen kann. Für mich fast die bedeutendsten Themen über die man sich im Alltag mehr Gedanken machen sollte.

Von diesen Themen geprägt beschreiben die Kapitel abwechselnd das alltägliche Leben von den Charakteren und gehen später ineinander über. Hin und wieder weist das Buch einige schöne Überraschungen auf. Dies bringt Abwechslung und Spaß beim Lesen. Der Schreibstil ist flüssig und Celia Anderson verwendet viele beschreibende Adjektive, weshalb man auch schnell eine blühende Phanasie von dem Ort an der Küste und dessen Umgebung bekommt. Der Leser fühlt sich wie ein Teil des Buches.

Die Charaktere sind in ihrer Rolle sehr authentisch. Es wäre so, als beschreibe nur jemand, was vor seinem Fenster geschieht, nicht, als kreiere die Autorin gerade eine Geschicht für ihren Roman. Das Realitätsahe gefällt mir hier sehr.

Leider wollte die Autorin zum Ende zu viele Handlungsstränge einbringen, welches den Schluss etwas hinauszögert. Die Ansätze waren nicht fehl am Platz, doch hätte die Autorin lieber einen dickeren Wälzer daraus schreiben sollen. Auf den 474 Seiten wirkt es sehr gequetscht. Weitestgehend kann man darüber gut hinweglesen, da es so ein herzerwärmendes Ende mitsich bringt und noch auf den letzten Seiten einige interessante Fragen geklärt werden. Anderes bleibt allerdings offen oder wird gar nicht mehr erwähnt, wo man beim Lesen so darauf hinfiebert.

 

Ich fand es als junge Leserin sehr spanned in die Atmosphäre eines kleinen Dorfes mit betagteren Bewohnern zu tauchen. Mir wurde als Leser das Gefühl übermittelt, als wär ich Teil der Geschichte und säße mit den Figuren am Tisch. Auf eine andere Art und Weise ein sehr berührendes Buch, das mich zu Tränen rührte und nicht nur einmal mit den Figuren mitfiebern ließ. Ich kann das Buch nur empfehlen.