Rezension

Geheimdienstaffären gestern wie heute?!

Intrige - Robert Harris

Intrige
von Robert Harris

Bewertet mit 5 Sternen

Ein gelungener Roman basierend auf geschichtlichem Hintergrund und dessen spannungsgeladener Handlungsstrang sich auch gut ohne Hintergrundwissen folgen lässt und der gerade auf Grund der derzeitigen Abhör- Praktiken gewisser Geheimdienste nicht an Aktualität verliert.

Geheimdienstaffären gestern wie heute?! – Ein gelungener Roman basierend auf geschichtlichem Hintergrund und dessen spannungsgeladener Handlungsstrang sich auch gut ohne Hintergrundwissen folgen lässt und der gerade auf Grund der derzeitigen Abhör- Praktiken gewisser Geheimdienste nicht an Aktualität verliert.

Auch wenn am Ende nicht alle Verantwortlichen zur Rechenschaft herangezogen werden, beginnt der Roman in Frankreich um 1895 mit der öffentlichen Vorführung und Verurteilung des jüdischen Hauptmannes des 14. Artillerieregiments Alfred Dreyfus wegen Spionage. Dieser wird trotz Beteuern der Unschuld von den Militärs unter fast unmenschlichen Bedingungen auf der Teufelsinsel weit draußen vor der Küste inhaftiert.

Oberstleutnant Picquart, einer von den Deutschen aus Straßburg nach Frankreich vertriebener Elsässer, wird von der 3. Abteilung des Kriegsministeriums (Ausbildung und Einsätze) nicht nur auf Grund seiner Leistungen als Prozessbeobachter für den Kriegsminister zum Leiter der Statistik- Abteilung befördert, die dem Geheimdienstchef Gonse unterstellt ist. Neben seinen neuen  Aufgaben verliert Picquart den Dreyfus- Prozess nicht aus den Augen, hat nun auch Zugang zu den geheimen Akten und gerät in den Mühlen von Politik und Militär immer mehr zu der Überzeugung, dass Dreyfus unschuldig und Opfer einer „INTRIGE“ ist.

Als Picquart schließlich auf Grund einer abgefangenen Telegrammkarte (Anmerkung: sehr schön beschrieben, wie der Geheimdienst nicht wie heute Telefone abhört sondern Schnipsel aus dem Mülleimer zusammensetzt bzw. Briefe abfängt und die Kuverts über Wasserdampf öffnet) auf Major Esterhazy als mutmaßlichen deutschen Spion aufmerksam wird und in mühsamer Geheimdienstarbeit, teils ohne Wissen seiner Vorgesetzten und seiner Mitarbeiter, weitere Anhaltspunkte für die Unschuld von Dreyfus sammelt, entschließt sich der Soldat, öffentlich Bedenken zu äußern, was selbstredend bei den oberen Militärs nicht gut ankommt. Trotz Schriftproben und gefälschter Entschlüsselungen wird Picquart schließlich ins Abseits gestellt (Inspektionsreise), als Soldat nach Nordafrika versetzt und schließlich, 3 Tage nach der Verurteilung Zola´s und Perrenx, aus der Armee entlassen. Picquart lässt sich nicht entmutigen und beschreitet einen schweren, unwegsamen Weg der Gerechten, in Folge dessen auch er sich auf der Anklagebank und im Gefängnis wiederfindet.

Picquart trifft sich nach seiner Rückkehr („Bleiben Sie weit weg von der Schiffsreling“ ist ein ernstgemeinter Rat, den nun fällt es schwer, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden) aus Nordafrika in Paris schließlich mit Zola und anderen Dreyfus- Sympathisanten, nach öffentlichen Artikeln und Anklagen steht nun Esterhazy vor einem Militärgericht und auch Picquart wird verhaftet.

In zahlreichen Prozessen wird nun um die Wahrheit gerungen, nicht immer siegt die Gerechtigkeit. Schließlich treffen sich die Protagonisten in Rennes wieder, der Fall Dreyfus wird neu aufgenommen- das Finale (1899).

Mir persönlich hat der Roman sehr gut gefallen, ich hatte zuvor nichts über den geschichtlichen Hintergrund gewusst und auch noch nichts von Robert Harris gelesen. Alleine eine Kurzbeschreibung machte mich auf das Buch aufmerksam, den ich dann nicht mehr aus der Hand legen konnte. Sollte ich überhaupt etwas Kritisches anmerken müssen, ist es ein fehlendes Glossar zu den Hintergründen bzw. den historischen Gegebenheiten- ich habe gerne etwas zum Nachschlagen an der Hand, wenn ich „OldSchool“ in meinem Sessel fernab der Bits und Bytes sitze und lese.

Ein gelungener Roman, der sich sehr gut lesen lässt und einen tollen, spannenden Handlungsrahmen hat. Empfehlenswert!