Rezension

Geheimnisvoll

Das Opfer Null - Federico Inverni

Das Opfer Null
von Federico Inverni

Bewertet mit 4 Sternen

Beeindruckendes und geheimnisvolles Verwirrspiel, das am Ende perfekt aufgelöst wird.

Aufmerksam und neugierig auf „Das Opfer Null“ wurde ich durch eine Besprechung meines Lieblingsradiosenders. Ein Thriller aus Italien war für mich literarisches Neuland, aber das betrete ich ja gerne. Ohne langes Vorgeplänkel geht es dann auch schon auf den ersten Seiten richtig zur Sache mit einer wilden Schießerei und einem Wettlauf mit der Zeit. Dieses Actionspektakel hat Federico Inverni brillant in Szene gesetzt und damit die perfekte Bühne für seine beiden Hauptfiguren geschaffen. Denn direkt danach geht es schon zum nächsten Vorfall bei dem Lucas und Anna zusammen arbeiten werden.

 

Lucas machte auf mich sofort den Einruck „einsamer, kaputter Wolf“, nichts Neues in der Thrillerwelt, denn hier finden sich selten ganz normale Kerle in der Hauptrolle. Nun gut dachte ich mir, das kann ja dennoch ganz interessant werden. Ich muss direkt ein „aber“ hinterher schicken. Denn Lucas ist die Kälte in Person und während ich ihn begleite, habe ich mich mehr als einmal gefragt, wie ein Mensch so überleben kann. Er blieb mir fremd, die ganze Zeit und nachdem ich dann mehr über seine Vorgeschichte und das daraus resultierende Krankheitsbild erfahren habe, empfand ich neben meiner Bewunderung für seine ermittlerischen Fähigkeiten allerdings auch Mitleid. Aber Nähe konnte ich keine aufbauen.

 

Ihm zur Seite steht Anna, die ebenfalls einige Leichen in ihrem persönlichen Keller beherbergt, aber hier geizt Federico Inverni zunächst mit Informationen. Dafür erfahre ich umso mehr über Annas Gefühlsleben, denn sie erzählt in der Ich-Form während Lucas Part in der 3. Person erzählt wird. Diese Struktur fand ich sehr geschickt und im Nachhinein machte das auch Sinn so wie vieles mir am Ende klar wird.

 

Der Täter wurde schon recht früh gefunden, was mich erstaunte, hatte ich doch noch fast die Hälfte des Thrillers vor mir. Und das ist auch mein einziger Kritikpunkt. Bis zu diesem Zeitpunkt fand ich „Das Opfer Null“ sehr spannend und perfekt konstruiert. Aber dann gab es eine Wendung, die mir nicht gefallen hat, ja ich habe mich zunächst sogar richtig geärgert und mich gefragt, was das sollte. Seiten füllen? Den Leser auf eine falsche Fährte führen? Das letzte ist Federico Inverni sehr gut gelungen, er ließ mich zweifeln und in psychische Abgründe blicken. Mehr und mehr wird klar, wie alles zusammen gehört. Es ist schon eine Kunst für sich, so viele Fäden zu spinnen und keinen davon ins Leere laufen zu lassen. Das Ganze gipfelt dann in einem Ende, das nahezu perfekt erdacht ist. Der Weg dahin ist sehr spannend und enthält unzählige Wendungen und Aha-Effekte.

 

Fazit: Beeindruckendes und geheimnisvolles Verwirrspiel, das am Ende perfekt aufgelöst wird.