Rezension

Geheimnisvolle Palimpseste

Die Bücherjäger - Dirk Husemann

Die Bücherjäger
von Dirk Husemann

Bewertet mit 3 Sternen

Zur Zeiten der Kirchenspaltung und Gegenpäpste Anfang des 15. Jahrhunderts: Poggio ist Bücherjäger. Er sucht Skriptorien bzw. Bibliotheken von Klöstern auf, um dort wertvolle Bücher zu illuminieren und zu kopieren. Tatsächlich aber interessiert er sich für den Text unter dem Text, eben für Palimpseste, die geheimes Wissen weiter geben sollen. Zusammen mit seinem Minnesänger-"Freund" Oswald findet er im Kloster St. Fluvius so einen Text, in dem es darum geht, das Kaiser Otto 400 Jahre Geschichte erfunden haben soll, damit er seine Regentschaft legitimieren kann. Es soll gar nicht das Jahr 1417, sondern erst das Jahr 1017 sein. Wenn dieser Text in die falschen Hände gerät, könnte die ganze Welt erschüttert werden und ein großer Krieg aufziehen... Zur Hilfe kommt ihnen die im Kloster Schutzsuchende Agnes, die eigentlich die Frau des ermordeten Herzogs ist und Poggios langjähriger Freund Papst Johannes XXIII, ein ehemaliger Pirat. Doch sie haben einen gemeinsamen Gegner, den deutschen König Sigismund, der um seine Herrschaft bangen muss. Und eigentlich arbeitet Oswald für diesen...

Ich empfand das Buch als schwierig. Zunächst liegt es an der Einteilung der Abschnitte, so liegen "Stundengläser" und Kapitel vor. Dass die Stundengläser jedoch Rückblicke im Leben Poggios und Baldassares darstellen und das letzte ein Epilog darstellt, war erstmal nicht so offensichtlich. Zudem hatte ich oft das Gefühl, dass wichtige Szenen nicht so in den Vordergrund gestellt worden sind. Der Hintergrund der 3 parallen Päpste wurde nicht erwähnt und warum das Buch so gefährlich ist bzw. für wen, kam nicht rüber. Vom Buchrückentext habe ich mir auch eher vorgestellt, dass es um das I. Konstanzer Konzil gehen würde, aber dieses spielt gar keine Rolle. So kommt das Dramatische nicht so gut herüber. Dafür werden unwichtige Momente sehr ausführlich beschrieben und in die Länge gezogen. Oft hatte ich das Gefühl, spannende, entscheidene Momente wurden urplötzlich von banalen Dingen unterbrochen und aufgelöst. Außerdem wurden viele (alte) Begriffe verwendet, unter denen ich mir nichts Genaues vorstellen konnte und die im Glossar nicht erklärt worden sind. So konnte ich dann einige Gefahrensituationen nicht gut nachvollziehen. 

Somit konnte ich leider nicht richtig in die Geschichte finden. Sie konnte mich nicht richtig fesseln. Und die Figuren sind mir nicht ans Herz gewachsen. ich könnte gar nicht sagen, wer mir denn nun wirklich sympathisch ist. Als Geschichtsbuch las ich es gern.

Aber dennoch: Dieses Buch ist voll von perfekten und sehr detaillierten Beschreibungen des mittelalterlichen Lebens. Man spürt das Fachwissen des Autors und seine Leidenschaft für das MA. Besonders schön sind natürlich die Erklärungen der Herstellung von Palimpsesten, Kalligraphie, Illuminationen, der Buchbindung und Prägung, also vom Schreibhandwerk. Im Glossar lassen sich einige Begriffserklärungen nachlesen. Außerdem gibt es historische Informationen zu den in der Fiktion vorkommenden Personen. Leider nicht zu den Ereignissen! 

Häufig kommen Sprichwörter und Aberglauben des Mittelalters vor und sorgen für Witz und Charme der Geschichte. Die ein oder andere Stelle ist sogar zum Gruseln.

Vllt. hätte eine andere Strukturierung dem Buch geholfen, mehr zu fesseln und den Fokus auf das Entscheidende zu legen. Das vorletzte Stundenglas hätte ich mir sehr viel näher am Anfang gewünscht. Der Inhalt war eigentlich gut, nur die Figuren hätten noch mehr ausgefeilt werden müssen. Und unbedingt mehr Infos zu der Kirchenspaltung und den Gegenpäpsten- wer wurde es nun zu Unrecht und warum, welche Gefahr stellt das Buch für den jeweiligen dar. 

Somit leider nur ein durchschnittliches Buch.