Rezension

Gehör schenken und echte Wahrnehmung zulassen

Drei Kameradinnen -

Drei Kameradinnen
von Shida Bazyar

Der Roman beginnt mit einer Zeitungsmeldung in dem Saya zur Täterin eines Brandanschlags verurteilt wird. Dann tauchen wir ein und es beginnt mit drei Freundinnen, die auf einem Dach sitzen in der Nacht, zeitlich kurz nach dem Anschlag aber noch vor dem Druck der vorangegangenen Meldung. Dort sitzen sie: Hani, die wütende Saya und die Ich-Erzählerin Kasih. Drei Freundinnen, ja drei Kameradinnen. Wem der Titel geläufig ist und ihn eher ins Jahr 1936 verortet, liegt richtig, denn Erich Maria Remarque hat einen Roman mit exakt diesem Titel geschrieben. Eine Ehrung der Autorin an dieses immer noch sehr starke Buch auch wenn es mehr als 80 Jahre alt ist? Ich weiß es nicht, kann es nur vermuten.

Nun zurück zu den Dreien auf dem Dach: Gemeinsam aufgewachsen sind sie in „der Siedlung“ am Rand einer deutschen Stadt und sie eint die Ungerechtigkeit, sie eint der alltägliche Rassismus. Die Dynamik untereinander ist spannend, denn das verbindende Element des Alltagsrassismus ruft in jedem andere Reaktionen hervor, bezeugt andere Erlebnisse und es werden Wunden und Reibungen mit der Gesellschaft unterschiedlichster Art offengelegt.

Neben dem sehr zentralen Thema des Rassismus, dass die starke politische Komponenten in seiner gesellschaftlichen Dimension aufzeigt, geht es im Kern um diese drei Freundinnen. Der Roman beleuchtet, wie der Umgang untereinander ist, dass die Summe der Einzelnen erst ihre Freundschaft ausmacht.

Spannend ist es wie Shida Bazyar literarisch aufarbeitet was in Deutschland bittere Realität ist. Aber eben nur literarisch und mit Abstand, hier werden Akte des rechten Terrors wiedergegeben, sind Nahe an den echten Geschehnissen dran, aber hat keine Deckung mit der Realität! Das gibt noch einmal einen frischen Blickwinkel auf das Unsägliche auf eine fiktive Art.

Dieser Roman ist ein starker toll geschriebener Text, der viel Wucht hat und sich Gehör verschaffen will. Es will raus und ist wie ein einseitiger Dialog, was zunächst paradox erscheint – eine ungewohnt Perspektive, die bereichert trotz der vielen Wut. Aber es gibt auch aufheiternde Elemente, wenn man sich plötzlich skurriler Weise in Bärbel Schäfers Talk Show-Format aus dem letzten Jahrhundert wiederfindet. Daher keine Sorge, kein schweres Werk!

Ihr seht: mannigfaltig, gut geschrieben, lesenswert!