Rezension

geht wirklich unter die Haut

Runa
von Vera Buck

Bewertet mit 4 Sternen

>>Runa<< von Vera Buck

Da ist Jori ( Johann Richard Hell ), der als junger Schweizer Medizinstudent Ende des 19. Jahrhunderts in der Salpêtrière in Paris arbeitet, die offiziell ein Altershospitz für Frauen ist. Es sind dort zwar auch wirklich ältere Frauen untergebracht, aber die meisten dort sind Kinder und jüngere Frauen, die als geisteskrank diagnostiziert wurden. Dr. Jean-Marie Charcot, der berühmte Leiter, hält dort regelmäßig Vorträge und macht bizarre Veranstaltungen mit seinen Patientinnen.

Jori bewundert seinen Chef über alles und möchte gerne mal in seine Fußstapfen treten, wenn er endlich seine Doktorarbeit geschrieben und als Arzt zugelassen wird. Diese Bewunderung bröckelt aber mit der Zeit ganz schön ein, die Frauen die dort wie Jahrmarktsattraktionen ihrem Publikum vorgeführt werden, die tun in zunehmend immer mehr leid. Er zweifelt langsam an den Behandlungsmethoden. Das einzige was ihn antreibt, ist die Liebe zu Pauline, die leider auch in solch einer Klinik ist und zunehmend daran zerbricht.

Dieser Roman geht wirklich unter die Haut, er fasziniert und erschreckt im gleichen Moment. Vera Buck hat toll recherchiert und geschickt wahre Personen und Begebenheiten mit einer fiktionalen Geschichte verknüpft. Das Buch ist authentisch und hat mich mit ins Salpêtrière nach Paris genommen. Mitten drin in einer Zeit wo die Ärzte von einer Heilung der kranken Menschen sehr weit entfernt waren und viele Behandlungsmethoden einfach nur Unmenschlich und Grausam waren. Beim lesen selbst, ist man wirklich froh, sowas nicht selbst erleben zu müssen. Von einigen Tierversuchen im Rahmen der Forschung ist auch zu lesen und vieles war für mich als Tierfreund fast am Rande des erträglichen und ich war froh wenn ich wieder mit etwas anderen abgelenkt wurde.

So toll das Buch ist, durch die Naivität von Jori, habe ich einige Längen gespürt und es ging manchmal einfach in der Hauptgeschichte nichts vorwärts. Mir hätte auch Gefallen ein bisschen was darüber zu lesen, wie sich die Frauen gefühlt haben, oder besser gesagt was sie wohl darüber gedacht haben. Dadurch, das man darüber so gut wie nichts erfahren hat, blieben sie wirklich ein bisschen das Material, wie sie auch in der Salpêtrière genannt wurden, wenn man sie einfach für Versuche missbraucht hat und dann entsorgt wurden.

Die Charaktere hat Vera Buck sehr detailliert und lebensnah mit all ihren Eigenarten in Szene gesetzt. Das Buch ist bis auf ein paar stellen flüssig zu lesen und die Spannung zieht sich mal mehr und mal weniger durch das ganze Buch.

Der Epilog bildet einen gelungenen Abschluss, auch wenn mir doch zu viel offen bleibt.Auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung, ein interessantes, erschreckendes und fesselndes Buch, über die Schrecken einer Geisteskrankheit, die oft gar keine war.