Rezension

Geistreiche Unterhaltung mit britischem Charme..

Lockwood & Co. - Der Wispernde Schädel
von Jonathan Stroud

Bewertet mit 5 Sternen

Dies ist bereits der zweite Band um die kleine Geisterjäger-Agentur. Wie schon im ersten Teil erleben die drei begabten und jugendlichen Mitglieder Anthony Lockwood, Lucy Carlyle und George Cubbins, der wohl kleinsten Agentur Londons, auch dieses Mal ein halsbrecherisches Abenteuer.
Das Buch beginnt einige Wochen nach Band 1, der uns ja schon mit einem Cliffhanger auf diesen Teil neugierig machte. Dieses Mal beginnt die Geschichte mit einer nicht so gelungenen Geisterjagd auf die ein kleiner Rückblick über die vergangenen Wochen nach dem großen Erfolg von Teil 1 folgt.
Der kurz darauf folgende Auftrag eines Unternehmers, einen Geist auf einem Friedhof dingfest zu machen läuft zwar reibungslos ab, führt aber zu weiteren Erkenntnissen und Fragen, die den Rest der Geschichte prägen. Ein Geister-Artefakt verschwindet und die BEBÜP beauftragt Lockwood & Co und ein Team der Agentur Fittes mit der Suche danach.
Diese Suche führt unser kleines Team zu äußerst windigen Schwarzmarkthändler, in die heiligen Hallen der Agentur Fittes, bringt sie zusammen mit einer alten Bekannten von Lockwood, einer Artefaktjägerin und zu guter Letzt muss Lucy sich mit dem wispernden Schädel in seinem Einmachglas und ihrer sich entwickelnden Gabe auseinandersetzen. Auch dieses Mal ist das Ende hinter einigen Ecken und Gefahren verborgen. Auch dieses Mal müssen unsere Helden all ihr Können unter Beweis stellen um der auftauchenden Geister und Menschen Herr zu werden.

Zitat S.155

Lockwood packte seinen fuchtelnden Arm und drehte ihn energisch um. Gleichzeitig trat er Shaw von hinten gegen den Knöchel. Shaw schrie auf, verlor das Gleichgewicht, stolperte über die eigenen Füße und fiel hin, wobei er gegen einen Kollegen stieß und ihn mit zu Boden riss.
Mit dunkelrot angelaufenem Gesicht wollte er sich sofort wieder aufrappeln, musste aber feststellen, dass die Spitze meines Degens sanft gegen seine Brust drückte.
„Unsere Null-Provokationsregel ist erstaunlich dehnbar“, bemerkte George. „Darf ich ihn auch treten?“

 

Falls ihr bereits die Bartimäus-Reihe von Jonathan Stroud gelesen habt: habt ihr den Vorteil, ihr kennt den Stroudschen Schreibstil bereits. Für mich jedenfalls war es Neuland, aber ich fand es wundervoll. Gut, wundervoll ist bei einem Buch voller Toter, Geister, Friedhöfen, Eisen und Silber, Erscheinungen und seltsamer Artefakte vielleicht nicht das richtige Wort. Doch beeindruckt hat mich Strouds Schreibstil auf jeden Fall nachhaltig.
Die ganze Geschichte ist so englisch. Ich weiß kein besseres Wort für dieses Gefühl, dass mir beim Lesen entstand. Jonathan Stroud ist schließlich auch Engländer, diese Reihe spielt in einem alternativen London. Englischer geht es wohl kaum. Warum sollte der Schreibstil sich also anders anfühlen?!
Beim Lesen des Buches musste ich einige Male schmunzeln ob des trockenen Humors. Trotz der durchaus recht morbiden Grundstimmung des Buches gelingt es Stroud durch eine gute Portion Humor diese Stimmung aufzulockern.
Die Beschreibungen einzelner Begebenheiten oder auch Situationen fand ich ebenfalls sehr exquisit. Bildhaft und leicht vorstellbar sind seine Worte dann. Auch die Geister oder die ektoplastischen Substanzen und den Glibber den es in dem Buch gibt konnte ich mir gut vorstellen.
Zu lesen ist es leicht, aber dadurch keinesfalls einfach zu nennen, eher angemessen.

Die Story wird erzählt von aus Lucys Sicht im Ich-Erzähler. So erfährt man aus erster Hand ihre Gedanken und Gefühle und macht ebenso ihre Entwicklung ihrer Fähigkeiten mit. Mit ihr fällt es am leichtesten sich mit zu identifizieren. Sie ist genau wie der Leser selbst manchmal sehr genervt von den Dingen um sie herum oder auch sehr neugierig und spricht einem damit genau aus der Seele. Das beste daran ist allerdings, dass sie manchmal genauso auf dem Schlauch steht wie der Leser. Egal ob es dabei um Georges Recherchen und Experimente geht oder um den geheimnisumwobenen, äußerst smarten und ebenso verschlossenen Lockwood geht. Durch sie kommt der Leser aber auch in den Genuss die nervenaufreibendsten Aktionen der kleinen Agentur aus nächster Nähe zu erleben.
Besonders gut gefallen hat mir auch, dass von diesem Team um das es in „Lockwood & Co-Der wispernde Schädel“ geht keiner wirklich die Hauptrolle vor den anderen Beiden spielt. Jeder der drei hat seine Besonderheiten und Auftritte, so das keiner zu kurz kommt. Den besten Einblick bekommt man natürlich von Lucy, aber das ist meiner Meinung nach auch vom charakterlichen der Protagonisten her die dafür am bestgeeigneten Figur. George mit seinen Launen wäre für den Leser wohl nur ein leidlicher Lesegenuss. Aber auch die geheimnisvolle Gestalt Lockwoods wäre nicht mehr geheimnisvoll, könnten wir ihr in den Kopf gucken. So ist die forsche und natürliche Lucy für mich die beste Wahl.
Die Entwicklung der Freundschaft der Charaktere sollte auch erwähnt werden, denn in diesem Band ändert sich das Verhältnis der drei zueinander in meinen Augen ein klein wenig. Sie wachsen noch mehr zusammen. Lernen sich noch besser kennen.

Ich habe einige Meinungen gelesen, laut denen im Mittelteil der Spannungsbogen dieses Teils abnimmt. An dem Punkt muss ich leider zugeben, dass mir das gar nicht aufgefallen ist. Darüber muss ich komplett hinweg gelesen haben. Es stimmt zwar schon, dass der Anfang und ebenso das Ende sehr Actionreich sind, aber der Mittelteil kommt für mich mit kriminalistischen Abschnitten daher, was ihn für mich deswegen nicht weniger spannend macht. Der Leser erfährt hier vieles über das Leben in London, einiges über die Agenturen und die Behörde die sich BEBÜP nennt.
Mir hat dieser Abschnitt zwischen der Action richtig gut gefallen und ganz ohne lebensbedrohliche Situationen kommen unsere Helden selbst in den weniger Actionreichen Sequenzen eh nicht aus.

Erwähnen sollte man kurz auch noch das gut gelungene Cover der vorliegenden Hardcoverausgabe. Die gekreuzten Degen finden sich auch auf dem Cover des ersten Teils wieder. So passen die Bücher im Regal hervorragend zusammen. Und der Schädel erklärt sich sicherlich von selbst. Ich bin gespannt wie das nächste Cover ausschaut.

Fazit: Ein geistreicher zweiter Teil der „Lockwood & Co“- Reihe, der spannend, gruselig und voller Abenteuer ist. Er kommt nicht ganz an seinen Vorgänger heran, beantwortet dafür aber einige Fragen. Einzig das äußerst gemeine ist der wirklich, wirklich fiese Cliffhanger am Ende, der einen am Ende des Buches schon sehnsüchtig den nächsten Teil erwarten lässt. Ich habe mich wirklich sehr gut unterhalten gefühlt und werde sicher weiterlesen.

5 von 5 Sternchen