Rezension

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Gekonnt konstruiert und einfühlsam beschrieben

Opfer - Bo Svernström

Opfer
von Bo Svernström

Bewertet mit 5 Sternen

Bei diesem Buch war ich zunächst ganz sicher einen normalen Thriller vor mir zu haben, auch wenn mit dem ersten Opfer, das sich plötzlich als doch nicht tot herausstellte, ein interessanter und düsterer Twist drin war. Im Verlauf des Buches habe ich aber den Autor wirklich zu schätzen gelernt, mein Respekt für ihn ist gewachsen. Das Buch ist alles andere als Durchschnitt, es enthält einige hochspannende und gekonnt in Szene gesetzte Charaktere.

Da das Opfer eigentlich selbst ein Täter ist und alles in allem wenig Mitleid verdient hat, ist von Anfang an klar, dass es im Buch auch um Gerechtigkeit und Selbstjustiz gehen muss. Das ist tatsächlich auch der Fall, geschieht aber nicht auf plumpe Weise, sondern ganz subtil. Man kann kaum anders als mit dem Täter mitzufühlen und lernt ihn auch auf eine ganz besondere Art kennen. Die privaten Probleme der Ermittler sind mir dagegen überhaupt nicht nahegegangen und haben eher ein wenig von der Handlung abgelenkt.

Ein Hinweis noch (und eine Warnung): Dieses Buch enthält explizite und widerliche Beschreibungen von Gewalt, ohne allerdings den Eindruck zu erwecken, dass der Autor einfach nur schockieren wollte. Der überhaupt nicht plumpe, sondern durchdachte Einsatz von Gewalt bringt den Thriller an einer Stelle schon fast dem Horror-Genre nahe. Ich stehe im Allgemeinen Vergewaltigung als Stilmittel oder Werkzeug zur Charakterentwicklung in den Medien sehr kritisch gegenüber, weil sie inflationär und unreflektiert benutzt wird, muss aber zugeben, dass "Opfer" hier eine Ausnahme darstellt und der Autor sich auch diesen Punkt sehr genau überlegt hat.

Der letzte große "Schock" und viele kleinere Wendungen waren für mich zwar vorhersehbar, der Autor hat aber auch einen Red Herring sehr gekonnt gelegt und das Ende hat mir so gut gefallen, dass ich insgesamt doch fünf Sterne geben möchte.