Rezension

Gelungen!

Niki Lauda - Hartmut Lehbrink

Niki Lauda
von Hartmut Lehbrink

Bewertet mit 4 Sternen

Zu den Helden meiner Kindheit und Jugend gehörten drei Rennfahrer … Gilles Villeneuve, Jacky Ickx und der dreimalige Formel 1-Weltmeister Niki Lauda aus Österreich. Legendär macht ihn auch sein „Kapperl", das er stets auf dem Kopf trägt und dies als „Werbefläche“ seit Jahrzehnten immer wieder gern „vermietet“ wurde. Das italienische Unternehmen Parmalat dürfte bis vor einigen Jahren die meiste Zeit als Dauermieter dort verbracht haben.

Sehr erfreulich ist für einen Fan des Niki Lauda, dass mit „ Niki Lauda - von außen nach innen“ ein interessanter Bildband vor geraumer Zeit erschienen ist. Aber es ist kein auschließlicher Bildband, sondern vor allem eine Sammlung von Meinungen verschiedensten Menschen zur Person Lauda, die immer wieder seine Wege gekreuzt haben oder auch einen Teil derer mit ihm beschritten haben.

*** Niki Lauda ***

Nikolaus „Niki“ Lauda wurde am 22.02.1949 in Wien geboren, ist ehemals Autorennfahrer, Flugzeugpilot und Unternehmer mit zeitweise eigener Luftflotte, Kommentator bei RTL, zeitweise Berater bei Jaguar und aktuell Aufsichtsratsvorsitzender bei Mercedes GP.
Laudas Karriere in Formel 1 in Kürze:Grand-Prix-Rennen: 171
WM-Punkte: 420,5
Grand-Prix-Siege: 25
WM-Titel: 3 (1975, 1977 und 1984)

1971 Einstieg in Formel 1
1975 Formel-1 Weltmeister auf Ferrari
1977 erneut Formel-1 Weltmeister auf Ferrari
1979 Rückzug aus der Formel 1 und Gründung der Lauda Air
1981 Rückkehr in die Formel zu McLaren,
1984 auf McLaren erneut Formel-1 Weltmeister
1985 endgültiger Rücktritt aus der Formel 1

Die wohl bekannteste Episode aus Niki Laudas Leben als Rennfahrer mag sein Feuerunfall am 1. August 1976 sein, der ihn bis heute zeichnet: in der Brandklinik Mannheim war er vier Tage lang dem Tod näher als dem Leben, um sich dann schlagartig zu erholen. Nur sechs Wochen später saß Niki Lauda in Monza wieder im Ferrari und wurde Vierter. 

*** Das Buch ***

Titel: Niki Lauda - von außen nach innen
Autor: Hartmut Lehbrink
Fotograf: Ferdi Kräling
Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
Verlag:Delius Klasing; 
Auflage: 1. Auflage 2014 (13. Januar 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3768837475
ISBN-13: 978-3768837477
Format:22 x 2,2 x 28,7 cm
Preis 29,90 Euro

*** Niki Lauda - von außen nach innen ***

Es gibt bereits mehrere interessante Publikationen über Niki Lauda, aber dieses vorliegende „ Niki Lauda - von außen nach innen“ geht das Thema zur Abwechslung ganz anders an, indem Kenner, Gönner, Ex-Rivalen der Piste und auch Journalisten erzählen, wie sie Lauda kennen- und unter Umständen auch schätzenlernten.Die Mehrheit der „Gastredner“ lebt noch und gehört zu der Generation, des etwa gleichen Alters wie Niki Lauda, aber es sind auch Beiträge verstorbener Menschen wie dem legendären Enzo Ferrari zum Thema Lauda dabei, ebenso von dem ehemaligen Team-Kollegen Clay Regazzoni, der mit Lauda einige Jahre im Ferrari-Team fuhr. Diese älteren Dokumente fanden zur Freude des Lesers auch den Weg in dieses Buch. 

Sehr interessant ist zweifellos ein Beitrag seiner Ex-Frau Marlene, mit der Lauda zwei erwachsene Söhne hat, von denen einer ebenfalls dem Motorsport nachgeht. Marlene Laudas Beitrag ist ebenfalls älter und entstand noch in der Zeit, als sie liiert waren. Ihren Mann charakterisiert sie recht anschaulich mit „drei Gesichtern“, jenes wie sie ihn kennenlernte, jenes später als Rennfahrer und Geschäftsmann und schließlich jenen, der nach seinem Karriereende im Rennsport das Leben anders genießt und vor allem die Zeit in Ibiza, dem damaligen Hauptwohnsitz, schätzte. 

Auch der verstorbene Engländer James Hunt, der Lauda 1976 mit einem Punkt mehr am Saisonende den WM-Titel wegschnappte, wird zitiert. Aus früheren Publikationen berichtet der Autor über das Verhältnis der beiden, das keineswegs so schlecht war, wie die Presse es gerne darstellen wollte. Der Ehrzeiz von Lauda und die Coolness von Hunt waren wie Feuer und Wasser, und dennoch – so Hunt – hatte er einen Draht zu Lauda. 

Jochen Mass, einst Formel-1-Rivale von Lauda und sehr erfolgreicher Racer bei Sportwagenrennen, steht Lauda wohlwollend, aber durchaus auch kritisch gegenüber. Lauda würde sich in mancherlei Hinsicht als Maß aller Dinge betrachten, schaffe eher Fakten als auch andere Perspektiven zuzulassen, aber – so Mass – Lauda sei auf der Rennstrecke immer ein fairer Sportsmann gewesen, der auch bei Duellen dem Gegner nicht den Platz zum „Überleben“ wegnahm, sondern sportlich in den Wettkampf ging. 

Natürlich dürfen bei solch einem Sammelsurium an Meinungen Wegbegleiter wie sein damaliger Team-Chef bei Ferrari, Luca Di Montezemolo, oder Gordon Murray 1978 bei Brabham, nicht fehlen. Eines verbindet alle, die mit Lauda im Motorsport zusammengearbeitet haben: ihre Faszination für Laudas Hang zum Perfektionismus. Ich erinnere mich hierzu an eine vor langer Zeit gelesene Aussage über Lauda, dass er in den 70ern die Testfahrten“ eigentlich „neu erfunden“ hätte. Das rührt auch daher, dass Lauda als erster Rennfahrer gilt, der im Umfeld von Ferrari es wagte, das Auto als sch... zu bezeichnen. Solch eine Aussage in den Ohren des großen Enzo Ferrari, da waren sich alle Ingenieure und Mechaniker sicher, würde nicht geduldet werden. Und dennoch setzte Lauda sich durch und fuhr 1975 und 1977 zwei WM-Titel für Ferrari ein, bevor er sich zu Brabham verabschiedete. Auch die Einschätzung von McLaren-Chef Ron Dennis, dem Lauda nach einem Comeback 1984 den nächsten WM-Titel einfuhr, darf nicht vergessen werden.

Im „Who is Who“ der Lauda-Kenner und -Gönner kommen noch viele andere Menschen zu Wort, u.a. Rennfahrerkollegen wie Dieter Quester, John Surtess, Alan Jones, Gerhard Berger oder auch Alain Prost oder sein Teamkollege John Watson in der Brabham-Zeit Ende der 70er. 

Von den insgesamt 40 Meinungen und Memoiren in „Sachen Lauda“ ist nichts langweilig, sondern vielmehr interessant, wie er auf Menschen und Wegbegleiter wirkte und heute auch noch wirkt. In einigen Aussagen schwingt eine echte Bewunderung und Hochachtung mit, andere Lauda-Philosophen indes betrachten ihn pragmatisch und vielleicht in einigen Fällen auch überraschend für den Leser. 

Nicht überraschend dürfte sein, dass unisono Laudas Hang zum Perfektionismus und das Verbeissen in Probleme, bis sie gelöst sind, einhellig bestätigt werden. 

Über die Texte hinaus, besticht der Bildband durch eine Vielzahl schöner und hochwertiger Fotos. Dies erstaunt nicht, denn mit im Boot beim Konzipieren dieses Buchs war Ferdi Kräling, der zur Crème de la Creme der Motorsportfotografen gehört. Es dürfte sich nahezu von selbst erklären, dass weitgehend jeder der Redner in Sachen Lauda sich auch auf dem jeweiligen Foto mit ihm befindet, aber es gibt auch das eine oder andere Bild „ohne Lauda“ oder „nur Lauda“.

Für einen Motorsport-Fan – falls es nicht gerade ein Lauda-Hasser ist – haben das Doppel Lehbrink/Kräling ein richtig tolles Werk abgeliefert. Es ist wirklich interessant, wie Lauda aus der Sicht von 40 verschiedenen Personen und Persönlichkeiten wahrgenommen wurde und noch wird. 

Letztlich überzeugen auch die zahlreichen Fotos, die – wie sollte es anders sein – auch auf hochwertigem Papier ihren Betrachter erwarten. Dieses geschnürte Paket verdient in Schulnoten eine „zwei plus“

Jean-Louis Glineu