Rezension

Gelungene Adaption

Wenn du mich heute wieder fragen würdest - Mary Beth Keane

Wenn du mich heute wieder fragen würdest
von Mary Beth Keane

Bewertet mit 5 Sternen

„Wenn du mich heute wieder fragen würdest“ von Mary Beth Keane ist ein vielschichtiger Familienroman. In ihrem Kern ist die story eine Neuinterpretation einer Shakespeare’schen Tragödie.

Die Geschichte beginnt in den 1970er Jahren, Nordamerika ist das gelobte Land, ob für Iren, Polen oder andere Einwanderer. Man kann aufsteigen. Und so beschließt Francis Gleeson aus Irland eines Tages, Cop in New York zu werden. Bei der Polizei trifft er auf den Kollegen Brian Stanhope, der angibt, eigentlich „auch Ire“ zu sein. Der harte Job fordert seinen Tribut, und so zieht das frischgebackene Ehepaar Gleeson aus der Großstadt in den verschlafenen Vorort Gillam. Francis‘ Frau Lena fühlt sich als junge Mutter einsam und allein; umso größer ist ihre Freude, als nebenan die Stanhopes ihre Zelte aufschlagen. Doch Brians Frau Anne verhält sich abweisend. Die nächste Generation soll die Fehler der Eltern nicht wiederholen, und so verlieben sich die Nachbarskinder Peter und Kate ineinander. Doch es kommt zu einer Katastrophe, die zunächst alles überschattet…

Vorab:

Dieses Buch ist kein Feelgood – Roman, es gibt ernste und schwere Themen. Die Geschichte ist aber wirklich mitreißend, im Guten wie im Schlechten. Die Figurenzeichnung ist das wirklich Beeindruckende - es sind echte Menschen mit Stärken und Schwächen, die von Mary Beth Keane in Szene gesetzt werden:

"Das Droehnen des Fernsehers setzte Peter irgendwie mehr zu als die Tatsache, dass seine Mutter seit einer Woche nicht mehr runtergekommen war, und er wachte desorientiert auf, mit einem Gefühl von Panik, als haette er seinen Wecker verschlafen und den Bus verpasst."

Auch die Erzählstruktur mit ihren Rückblenden konnte mich überzeugen; kaleidoskopartig kristallisiert sich allmählich ein Gesamtbild heraus. Geschickt umschifft Mary Beth Keane alle Klischeeklippen, nie verkommt ihre tragische Saga zu seichter Sick-Lit, obwohl es an traurigen (und glücklichen!) Momenten -wie ich echten Leben eben- nicht mangelt.

Die storyline deckt mehrere Jahrzehnte ab, es wird nicht nur an der Oberfläche gekratzt. Daher bleiben gewisse Längen im plot nicht aus, dieses Manko wird aber durch den Facettenreichtum der Geschichte wieder wettgemacht; trotz der Tiefgründigkeit der Ereignisse ist das Ende der story hoffnungsvoll, und so schließt man das Buch nach Beenden der Lektüre mit einem guten Gefühl.