Rezension

Gelungene Atmosphäre, aber ...

Ein schöner Ort zu sterben - Malla Nunn

Ein schöner Ort zu sterben
von Malla Nunn

Bewertet mit 4 Sternen

Im nordöstlichen Südafrika nahe der Grenze zu Mozambique wird 1952 die Leiche des Polizeicaptains Pretorius im Fluss schwimmend gefunden. Aus Johannesburg erscheint zur polizeilichen Ermittlung allein Detective Sergeant Emmanuel Cooper in der abgelegenen Gegend. Außer Pretorius gab es nur zwei Hilfspolizisten im Ort. Pretorius herrschte hier wie ein kleiner Gott; die Peitsche aus Flusspferdhaut hängt nicht zur Dekoration an der Wand der kleinen Polizeistation. Die einflussreiche Familie Pretorius betreibt außer ihrer Farm den Landhandel und die Tankstelle im Ort. Für Emmanuel ist die geballte Präsenz der fünf erwachsenen Söhne Pretorius sofort zu spüren. Sie sind Nachkommen der ersten niederländischen Siedler in Südafrika, kräftig, selbstbewusst und vom religiös begründeten Glauben an die Weißen als auserwähltes Volk angetrieben. Hier nahe der Grenze kann nur ein Fremder der Täter gewesen sein, der nach der Tat über den Fluss nach Mozambik verschwunden ist, so die Überzeugung der Familie Pretorius. Captain Cooper, noch deutlich von seinen Kriegserlebnissen traumatisiert, steht auf verlorenem Posten; denn der Security Branch, der südafrikanische Geheimdienst, hat noch vor der Leichenschau einen Verdächtigen parat, dem ein Mord aus politischen Gründen angehängt werden soll. Emmanuel ermittelt, hört den Leuten zu und hat in kurzer Zeit ein ganzes Sortiment möglicher Motive gesammelt, warum jemand Pretorius beseitigt haben könnte. Doch Coopers Ermittlungen stören die Pläne des Geheimdienstes empfindlich.

1948 wurden in Südafrika unter Premierminister Malan die Rassengesetze verschärft, Ehen zwischen Weißen und Farbigen verboten und die Bevölkerung in die Gruppen Weiße, Farbige und Eingeborene eingeteilt. Die Rassenzugehörigkeit von Zeugen und Verdächtigen spielt auch für die Aufklärung des Mordfalls eine entscheidende Rolle. Den historischen Hintergrund dieser Zeit, als es Gesetze gab, einige sich für das Gesetz persönlich hielten und trotzdem gesetzlose Zustände herrschten, lässt Mala Nunn in Coopers Fall sehr lebendig werden. Mit Emmanuel, der zwischen den Fronten ermittelt und sich als Nicht-Bure nach mehreren Seiten rechtfertigen muss, ob er der geeignete Mann für diese Aufgabe sein kann, hat Nunn einen interessanten Ermittler in die Krimiszene eingeführt. Die ebenso interessante Nebenfigur des deutschen Juden Zweigmann kommt in Nunns erstem Südafrika-Krimis nocht nicht so recht zur Geltung. Mit roher Gewalt geht es im Krimi zur Sache und es wird deutlich, dass schwarze Frauen wie eine Ware gehandelt und von den Weißen noch um eine Stufe geringer angesehen werden als schwarze Männer.

Die 50er Jahre in Südafrika bringt Mala Nunn auf spannende und unterhaltsame Weise ins Bewusstsein ihrer Krimileser. Ein paar zusätzliche Erläuterungen durch ihren deutschen Verlag hätten das Verständnis der Zeit erleichtert. Sechzig Jahre nach den geschilderten Ereignissen wird z. B. nicht jedem Leser die Bezeichnung Kriegsneurotiker vertraut sein. Von der Erzählerin der Geschichte hätte ich mir mehr Distanz zu den Ereignissen gewünscht, sie klingt in einigen Passagen wie ein Bure, ein männlicher Südafrikaner. (S. 145).