Rezension

Gelungene Beschreibung der Zustände im 20. Jahrhundert

Bella Ciao - Raffaella Romagnolo

Bella Ciao
von Raffaella Romagnolo

Bewertet mit 4 Sternen

 

Bella Ciao ist ein Roman, in dem es zunächst um drei Hauptfiguren geht. Giulia, Pietro und Anita leben in einer Kleinstadt in Italien und sind seit Kindheitstagen befreundet. Die drei treffen sich regelmäßig zum Spielen und später gehen sie gemeinsam zum Tanzen. Allen ist klar, dass Giulia und Pietro heiraten. Die Verlobung fand bereits statt und Hochzeitspläne werden gemacht. Die beiden Frauen arbeiten in einer Fabrik, die Seide aus Raupen gewinnt und machen mit beim Streik. Wie alle Arbeiterinnen wollen sie mehr Geld und mehr Sozialleistungen. Bei einer Versammlung, die der Besitzer der Firma leitet, verrät Anita ihre beste Freundin Giulia zum ersten Mal. Sie geht zum Treffen, bei dem laut Giulia nur Streikbrecher zugegen sind. Dabei hatten sich beide geschworen, dass sie gemeinsam und bis zum bitteren Ende streiken würden.

 

Das endgültige Aus der Freundschaft fand am 14.02.1901 statt. An dem Tag sieht Giulia, wie ihr Verlobter und Anita gemeinsam einen Weg entlang kommen und sich zum Abschied küssen. Sofort erkennt sie, dass die beiden nicht nur ein Verhältnis haben, sie ist überzeugt davon, dass sie sich lieben. Nichts hält Giulia mehr in ihrem Heimatort. Zu ihrer Mutter hat sie kein gutes Verhältnis und der Vater ist tot. Völlig überstürzt packt sie ein paar Sachen sowie Geld und flüchtet zu Fuß zum nächsten Hafen. Von dort bucht sie eine Reise ohne Wiederkehr, sie immigriert nach Amerika.

 

45 Jahre nach der Flucht besucht Giulia mit ihrem Sohn Michael Europa, da dieser neue Geschäftskontakte knüpfen möchte. Sie selbst verlebt einige Tage in ihrem Heimatort Borgo di dentro. Eigentlich möchte sie ja erfahren, was aus ihren damaligen Freunden geworden ist. Sie ist hin- und hergerissen und ob sie tatsächlich mutig genug für diesen Schritt ist, bleibt spannend.

 

Die Autorin beschreibt in ihrem Buch Bella Ciao das Leben zur Zeit des ersten Weltkrieges an der Front und in der Heimat. Danach folgen Rezession und Geldentwertung und auch in Italien wächst der Faschismus. Erläutert wird ebenfalls, wie sich das Leben der Freunde sowohl in Italien als auch in Amerika entwickelt. Interessant war für mich auch die präzise Darstellung der Situation europäische Immigranten in Amerika. Bereits damals durften längst nicht alle in das vermeintlich „gelobte Land“ einreisen. Auch die Schwierigkeiten, denen die Juden dort ausgesetzt waren, sind deutlich zu erkennen.

 

Kein Buch zum nebenher schmökern. Der Leser muss schon aufpassen, damit er nicht den Faden verliert. Das war für mich anfangs schwierig, da die Autorin von Italien nach Amerika, dann wieder an die Front wechselt. Auch die Übergänge vom Jetzt zur Zeit des 1. Weltkrieges und dann wieder zu den Zuständen danach, machen das Lesen nicht leicht. Aber es lohnt sich dranzubleiben. Es ist keine übliche Saga sondern recht anspruchsvoll. Kurzum ein Buch, welches sich zu lesen lohnt.