Rezension

Gelungene High-Fantasy mit schönen Entwicklungen

Die Pforte der Schatten - Harry Connolly

Die Pforte der Schatten
von Harry Connolly

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ich bin mir gerade nicht mehr sicher, wie ich auf dieses Buch aufmerksam geworden bin. Das recht klassische Cover und die Beschreibung klangen jedenfalls nach einem soliden Fantasy-Roman und nachdem ich eine lange Zeit davon abgesehen habe, neue Fantasy-Reihen oder-Trilogien zu beginnen, weil ich ganz oft, ganz miese Bücher lesen „musste“. Allerdings ließ sich eine deutlich erkennbare Häufung bei einem Verlag feststellen… Bei blanvalet allerdings bin ich auf eine solche Niete noch nicht gestoßen, die haben im Gegenteil eher die bessere Fantasy. Also habe ich mutig zu diesem Buch gegriffen und wurde mit einem wirklich grundsoliden und spannenden Fantasy-Trilogie-Auftakt belohnt.
Die Herrschaft der Italgas im Reich Kal-Maddum gründet sich vor allem auf dem Wissen und der magischen Kunst der Gelehrten. Doch diese Gaben haben die Gerlehrten von einem anderen Volk, dem Abendvolk, das alle 23 Jahre durch ein Portal zu den Menschen in die Hauptstadt Peredain gelangt, geschenkt bekommen. Als das Abendvolk erneut erwartet wird und sie mit einem großem Fest begrüßt werden sollen, treten allerdings ganz andere Kreaturen durch das Portal und die haben sicher kein Geschenk mitgebracht, sondern greifen an. Der Kronprinz, sein Leibwächter und Ausbilder Tyr Treygar, Lars Freunde und seine Verlobte können sich gerade noch retten. Das Volk wird von diesen höchst aggressiven und lilafarbenen Monstern förmlich überrannt, doch kann Lar seinen „Freunden“ trauen? Schließlich lebten diese als Geisel in der Hauptstadt, da ihre Väter einst gegen den König rebellierten.
Eine dieser Freunde ist Cazia und ihre Gesinnung wird recht schnell deutlich. Cazia und Tyr Treygar leiten den Leser durch die Geschichte, denn beide bilden je eine erzählende Perspektive. Das ist vor allem zu Beginn sehr interessant, da sich die beiden nicht wirklich grün sind. Recht schnell wird deutlich wie schlimm die Invasion tatsächlich ist und wie die einzelnen politischen Seiten mit der Situation umgehen. Aus der Flucht wird letztendlich eine Suche nach der Ursache bzw. nach einer Lösung für das Problem. Beides ist am Ende des ersten Bandes selbstverständlich noch nicht abgeschlossen und so bleibt noch ausreichend Potential für die zwei folgenden Bände. Allerdings muss ich etwas bemängeln, dass dieser erste Teil zwar bei einer Art Sinnabschnitt endet, doch die Geschichte tatsächlich einfach unterbrochen wird. Ich hätte wirklich gern einfach weiterlesen wollen, doch der zweite Band liegt noch nicht vor.
Wirklich gut an diesem Fantasy-Werk hat mir gefallen, dass die Protagonisten nicht unbedingt viel mehr wissen als der Leser. Das betrifft natürlich diese Wesen sei es das Abendvolk oder die lila Kreaturen die an deren Stelle durch das Portal kamen, aber auch die Kenntnisse der Magie. Cazia wurde zu einer Gelehrten ausgebildet und auch wenn ihre Ausbildung noch nicht beendet ist, so kann sie schon eine ganze Menge. Vor allem hat sie gerlernt auf allerlei Warnungen ihres Ausbilders zu hören. Denn es ist so: Wenn man von den Geschenken zu viel Gebrauch macht, übt sich das auf den Körper aus, so dass sich dieser verändert. Sie nennen das „hohl werden“. Doch was genau passiert, wann diese Veränderung eintritt, darüber redet keiner. Man sieht nur die hohl gewordenen Gelehrten, denen sie die Finger amputiert haben, um keine weitere Magie mehr ausüben zu können. Nachdem Cazia aus der Hauptstadt geflogen ist, lernt sie nun nach und nach ihre Grenzen kennen und lernt die Magie besser zu verstehen und mit ihr auch der Leser.
Der Aufbau der Geschichte durch diese zwei Perspektiven ist auch ein positiver Punkt an diesem Buch. Beide Charaktere waren mir am Anfang nicht gerade unsympatisch, aber wirklich sympathisch waren sie auch nicht. Das lag daran, das beide aufgrund ihrer persönlichen Geschichte und Erfahrungen handelten, doch je länger man mit diesen Figuren verbrachte, desto besser vestand man sie und das Band zwischen Leser und Figur wurde enger geknüpft. Ähnlich verhielt es sich auch mit den Nebencharakteren, aber bei den Protagonisten mit der Erzählperspektive ist dies natürlich am deutlichsten. Auch empfand ich es als positiv, dass es nur zwei Perspektiven sind. So sind mehrere Sichtweisen vertreten, ein Aufsplitten in mehrere Handlungsstränge ist möglich, aber es wird nicht zu unübersichtlich. Connollys Schreibstil und Erzählweise sind zudem sehr gut, so dass das Buch atmosphärisch dicht geschrieben ist und so den notwendigen Tiefgang für eine gute High-Fantasy-Geschichte hat.
Beeindruckend finde ich vor allem die Tatsache, dass Connolly diese und andere Werke im Original selbst verlegt hat! Bisher bin ich nur auf mittelmäßige selbstverlegte Werke gestoßen, wahrscheinlich weil einfach ein vernünftiges Lektorat fehlt, doch hier passt alles so gut zusammen, ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass da kein renommierter Verlag hinter steckt! Es gibt sogar eine Karte! Leider ist diese nicht übersetzt worden, so dass ich tatsächlich bei einigen Namen (z.B. Brausestadt) etwas länger gebraucht habe, bis ich sie auf der Karte identifizieren konnte.

Fazit: Mit Die Pforte der Schatten bekommt der geneigte High-Fantasy-Leser alles, was sein Herz begehrt: Kampf, Magie, eine die Welt bedrohende Macht und eine gut ausgedachte Welt. Alles davon hat ausreichend Tiefgang so dass es genug Stoff gibt für eine Trilogie und diese auch noch atmosphärisch dicht erzählt ist. Besonders gefallen hat mir aber, dass es hier unheimlich viele Entwicklungen bei den Charakteren gibt und diese auch noch nicht alles verstehen und sich so auf die Reise begeben um die Ursache und die Lösung für diese Invasion zu finden und dabei entdecken sie Seiten an der Magie, die vorher so noch nicht bekannt waren. Schade, dass es so lang dauert, bis der nächste Band übersetzt ist, ich hätte gern gleich weiter gelesen, da es sich nicht um ein sauberes Ende handelt und man auch nur mit gutem Willen einen Sinnabschnitt im Ende erkennen kann.