Rezension

Gelungene Melange

Höllenjazz in New Orleans
von Ray Celestin

Zum Inhalt:
New Orleans, kurz nach dem ersten Weltkrieg: Der Axeman geht um – ein kaltblütiger Killer, der seine Opfer erst mit einer Axt abschlachtet und dann eine Tarotkarte am Tatort hinterlässt, um schließlich spurlos zu verschwinden. Drei Personen mit unterschiedlichem Hintergrund versuchen unabhängig voneinander, das Geheimnis um die Morde aufzudecken: Der Polizist Michael, Luca, sein Ex-Mentor mit Verbindung zur Mafia und Ida, Mitarbeiterin einer Detektiv-Agentur. Trotz unterschiedlicher Ansätze kommen sie dem Axeman auf die Spur und nah, lebensgefährlich nah.

Mein Eindruck:
Celestin ist zwar nicht der erste, der einen echten, ungelösten Kriminalfall mit Personen der Zeitgeschichte und fiktionalen Elementen verknüpft, aber einer, dem dieses sehr gut gelingt. Er versteht es, das New Orleans von vor 100 Jahren vor dem geistigen Auge auferstehen zu lassen – ein Schmelztiegel von Rassen, Musik, Gewalt und mit dem auch heute noch eigenen Verständnis von Recht und Ordnung, das eher großzügig als buchstabengetreu bemessen ist. Wunderbar die Anlage seiner Charaktere, welche zwar im Kleinen ihre Geheimnisse haben (der weiße Polizist mit farbiger Frau und Kindern, das Mädchen, das sich nicht mit ihrer Schreibtischrolle bei Pinkertons abfinden will, der Expolizist, der sich der Mafia verschrieben hat), im Großen jedoch mit den Zuständen leben: Keiner begehrt offen auf, alle akzeptieren die herrschenden Regeln. Und wenn zu den Regeln gehört, dass viele Polizisten korrupt sind, der Bürgermeister sich schmieren lässt und Schwarze im Bus hinten sitzen müssen, dann ist das halt so – man muss mit dem vorhandenen Material agieren und das tun Celestins Figuren.
Ein paar weniger davon hätten es aber gerne sein dürfen; bei den vielen Namen verliert man leicht den Überblick und im Personenregister zu Beginn des Buchs werden zwar sämtliche Namen genannt, jedoch nur nach Gruppen geordnet und ohne weitere Differenzierung. So weiß man beispielsweise nicht, ob vom Anwalt oder vom Kronprinzen der Mafiafamilie die Rede ist und kann dieses Dilemma noch nicht einmal mit einem Blick in diese Liste lösen. Perfekt dagegen die Liste mit Begriffserklärungen zum Schluss des Buchs: Hier zeigt sich die gute Recherche des Autors.
Die Geschichte zwischen den Listen gestaltet sich interessant, folgerichtig und sehr, sehr böse. Viele Personen geraten in Gefahr, einige müssen ihr Leben lassen – teilweise unter sehr grausamen Umständen. Dass dabei gute, schlechte und wichtige Charaktere über die sprichwörtliche Klinge springen, steigert die Spannung zusätzlich.

Mein Fazit:
Ein Spiegel der Zeit