Rezension

Gelungene Milieustudie

Und keiner weint mir nach - Siegfried Sommer

Und keiner weint mir nach
von Siegfried Sommer

Bewertet mit 4 Sternen

Der Schauplatz: Ein Mietshaus in der Münchner Vorstadt in den 1920er Jahren. Die Handlung: Das Leben der Mietshaus-Bewohner. Ihre Sorgen, ihre Leiden, ihre Sehnsüchte, ihre schönen Momente. Mit „Und keiner weint mir nach“ ist Sommer eine wahnsinnig gute Milieustudie gelungen. In kurzen Episoden erzählt Sommer abwechselnd die Geschichten der verschiedenen Bewohner-Familien, die alle irgendwie zusammenhängen. Sie sind mitunter ironisch und lustig, aber sehr oft auch brutal, traurig und melancholisch – eben einfach aus dem Leben gegriffen. Ab der Hälfte des Romans folgt der auktoriale Erzähler hauptsächlich dem jungen Leo Knie, der gerade mit der Schule fertig geworden ist. Toll fand ich den Schreibstil. Es hat schon fast etwas reportageartiges, wie Sommer das Handeln seiner Protagonisten schildert und wie er das München der 20er Jahre mit seinen typischen Originalen beschreibt. Etwas schwer fiel mir der Einstieg in das Buch, weil die Vorstellung der einzelnen Mietshausbewohner etwas langatmig geraten ist. „Und keiner weint mir nach“ ist aber auf jeden Fall ein Klassiker der Nachkriegsliteratur, den man gelesen haben muss.