Rezension

Gelungene Mischung aus fantastischen Stories

Schattenfeuer
von

Ob die griechischen Versepen, die isländischen Sagas oder das Nibelungenlied - seit jeher beschäftigt sich Literatur mit abenteuerlichen und fanstastischen Stoffen. Als im 20. Jahrhundert das Genre Fantasy entstand, erhielten diese alten Motive und Erzählstrukturen ein neues Gewand. Auch heute ist die Faszination für fantastische Geschichten ungebrochen und die Vielfalt der Fantasy-Stories beeindruckend, wie die vorliegende Anthologie beweist: die hier veröffentlichten Texte haben es auf die Shortlist eines Kurzgeschichten-Wettbewerbs geschafft und zeugen von der Originalität und der Qualität zeitgenössischer Fantasy-Autoren.

Meine Meinung:

Kurzgeschichten in der Fantasy sind für mich immer eine spannende Sache; lebt doch dieses Genre von ausschweifenden Beschreibungen, langen Reisen und epischen Geschichten. Diese Elemente in eine Kurzgeschichte zu packen und in aller Kürze aufleben zu lassen, erfordert ein ganz besonderes Händchen. Die verschiedenen Autoren von "Schattenfeuer" haben dies in den unterschiedlichsten Varianten verwirklicht und dadurch ein sehr abwechslungsreiches Leseerlebnis geschaffen. Mir hat das Lesen der Anthologie sehr viel Freude bereitet, und auch wenn mir manche Geschichten mehr und andere wieder weniger gefallen haben, langweilig wurde mir dabei nie. 

Wilfried Abels - Wenn der Mond im Blut erwacht
Eine schöne Studie über das Innenleben eines Werwolfs und seine Zähmung durch zwei Hexen; überzeugend dargestellt und am Ende nachdenklich machend

Ulrich Borchers - Auf die Größe kommt es an
Intelligente Geschichte mit Moral um einen pfiffigen Zauberlehrling und seinen kleinen Drachen, für mich hat es super funktioniert und liess sich wunderbar lesen.

Jens-Philipp Gründler - Die Auslöschung des Ghouls
Okkultes Beschwörungsdrama mit überraschendem Ausgang, aber leider nicht so ganz mein Ding

Anke Höhl-Kayser - Schwarzfeuer
Ein Riss in der Realität sorgt für Science-Fiction-Feeling, fand ich nett konstruiert, aber nicht so wahnsinnig packend.

Jasper John - Die Geburt des neuen Zeitalters
Mit dieser mystischen Geschichte rund um die Geburt eines ganz besonderen Wesens konnte ich nur sehr wenig anfangen, obwohl ich die Botschaft dahinter durchaus verstanden habe.

Simon Käßheimer - Die Smooths
Witzige Interpretation über das Leben nach dem Tod, fand ich sehr phantasievoll 

Dana Lione - Hoppla, eine Seele
Faszinierend zu lesende Selbstbetrachtung eines ehemaligen Menschen, allerdings fehlte mir eine Pointe

Valerie Loe - Ignis
Tolle Drachengeschichte, die wunderbar funktioniert und Bilder entstehen lässt - davon würde ich auch mehr lesen

Lyakon - Der Tempel auf der Teufelsley
Wenn mich auch die Grundidee überzeugt, war die Geschichte selbst mit ihren Bezügen zu einer alten Sage aus der Eifel doch sehr trocken zu lesen.

Dörte Müller - Böser Zwilling
Hier sind mir eindeutig zu wenige phantastische Elemente enthalten; das ist doch eher ein Krimi als eine Fantasy-Storie. Als solcher gar nicht so übel.

Patricia Rieger - Nebelflammen
Hier punktet vor allem die intensive Figurenzeichnung und der Gedanke der Völkerverständigung - sehr gelungen!

Barbara A. Ropertz - Das ewige Bernsteinfeuer
Der Siegerbeitrag. Mir gefiel vor allem das Setting und die mythische Stimmung rund um die Nixen in der Müritz; die Geschichte selbst erschien mir etwas unfertig.

Markus Sapel - Bauernopfer
Mit dieser kurzen, mittelalterlich anmutenden Sequenz konnte ich gar nichts anfangen, das war einfach zu kurz.

Boris Schneider - Warum Magier keine Familien haben
Humorvolle Geschichte um einen Zauberer der Neuzeit und seine Probleme, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Funktioniert.

Angela Stoll - Das Weibstück
Intrigenspiel der Götter, am Ende zum Wohle der Menschen - das hat mir auch sehr gut gefallen

Claudia Timpen - Magie der alten Zeit
Der Kampf der Magier gegen den uralten Dämon Schattenfeuer, zielsicher in Szene gesetzt und wunderbar bildhaft dargestellt. 

Markus Veith - Merlin
Merlin führt einen Monolog und stellt die Welt, wie wir sie kennen, auf den Kopf. Ein faszinierendes Stück Literatur, sprachlich auf hohem Niveau und für mich ein Höhepunkt der Anthologie. 

Alexander Weiz - Der Planet der Schmetterlinge
Märchenhaft anmutende Parabel mit einer bildhaften Sprache, die Kopfkino zaubert. 

Fazit: was meine persönlichen Lesevorlieben betrifft, liefert die Anthologie ein sehr breite Bandbreite von sehr guten bis akzeptablen Geschichten, einen absoluten Flop konnte ich nicht ausmachen. Meine Einzelbewertungen führen zu einer Durchschnittsbewertung von gut 3 Ratten, für die tolle Idee lege ich noch eine Ratte drauf und freu mich darüber, dass auf der Velagshomepage eine Wiederholung des Schreibwettbewerbs angekündigt ist. Ich bin als Leserin auf alle Fälle mit dabei, wenn es wieder so weit ist.