Rezension

Gelungener Auftakt der spannenden Reihe mit einer erfrischend frechen & cleveren Protagonistin in einer ausbaufähigen Detektivgeschichte. 

Der Fall des verschwundenen Lords - Nancy Springer

Der Fall des verschwundenen Lords
von Nancy Springer

Bewertet mit 4 Sternen

Sherlock Holmes' kleine Schwester tritt in die Fußstapfen ihres Bruders!

Inhalt: 

Ausgerechnet an ihrem vierzehnten Geburtstag verschwindet Enolas Mutter spurlos.

Ist ihr etwas passiert? Wurde sie entführt? Oder ist sie durchgebrannt?

Ihre großen Brüder Mycroft und Sherlock sind Enola keine große Hilfe. Zu ihrem Entsetzen wollen sie sie in ein Internat abschieben und aus dem Wildfang eine salonfähige Dame machen, damit sie der Familie keine Schande macht.

Enola allerdings flüchtet und ermittelt fortan auf eigene Faust. Hierbei findet sie nicht nur ihren ersten Fall, den es aufzuklären gilt, sondern gerät auch in große Gefahr.

 

Altersempfehlung: 

ab 12 Jahre 

 

Mein Eindruck:
Das Abenteuer ist im Präsens und in der Ich-Form aus Enolas Sicht geschrieben. Der Schreibstil ist mitreißend und trotz Handlung im Jahr 1888 modern und gut verständlich.

Die Protagonistin dient zudem aufgrund ihres Alters dem Leser als Identifikationsfigur.

Enola (rückwärts gelesen Alone = allein) ist mit ihren 14 Jahren das jüngstes Kind und ein Nachzügler.

Ihr Vater starb als sie vier Jahre alt war und seitdem lebt sie mit ihrer Mutter und zwei Hausangestellten von der Außenwelt beinahe abgeschirmt im Anwesen der Familie Holmes.

Auch zum Rest der Verwandtschaft besteht kein Kontakt. Ihre älteren Brüder Mycroft und Sherlock hat Enola seit zehn Jahren nicht mehr gesehen.

Während Mycroft für die Regierung arbeitet und Sherlock der berühmteste Detektiv schlechthin ist, kommt sich Enola klein und unbedeutend vor.

Dabei hat sie gar keinen Grund dazu. Enola ist clever und mutig, aufgeschlossen und hat einen großen Vorteil: Sie kennt sich aus mit den Eigenarten der (für Männer völlig unverständlichen und mysteriösen) Welt der weiblichen Mode und Verhaltensweisen (Podexpolster, Figurformer/Korsett, Sprache der Blumen und Geheimcodes).

"Mit dem Rad zu fahren, [...] erlaubt einem nachzudenken, ohne dass man sich sorgen müsste, von anderen dabei genauer beobachtet zu werden." (vgl. S. 29)

 

Das Setting ist atemberaubend und detailreich geschildert - besonders im viktorianischen London - und die Atmosphäre sehr gelungen.

Man fiebert mit, ob es Enola gelingt, ihre Mutter zu finden, unerkannt zu bleiben und den verschwundenen Lord zu retten.

Der Fall ist altersentsprechend und die logischen Schlüsse des Enolas und des Meisterdetektivs ermuntern den Leser zum Mitdenken und Mitkombinieren. Die Codes sind auch für jüngere Leser leicht zu entschlüsseln.

 

Leider rückt aufgrund der langen Einleitung (Darstellung der Hintergründe, Einführung der Charaktere sowie Enolas Entwicklung) der eigentliche Fall sehr in den Hintergrund. Zudem ist er recht einfach gestrickt. Das Ende lässt aber auf eine spannende Reihe weiterer Detektivgeschichten hoffen.

 

Ich freue mich daher auf die nächsten Fälle von Enola Holmes! Bisher wurden in Deutschland vier davon veröffentlicht.

 

Fazit:

Ein atmosphärisch und sprachlich gelungenes Abenteuer mit einer starken und mutigen Protagonistin.

Die Detektivgeschichte enthält Geheimcodes und gleich zwei spurlos verschwundene Figuren und läd zum Miträtseln ein. Im Hinblick auf den eigentlichen Fall gibt es noch ausreichend Luft nach oben.

Der solide Auftakt einer spannenden und erfrischend anderen Jugend-Krimi-Reihe.

 

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Rezensiertes Buch "Ein Enola Holmes Krimi - Der Fall des verschwundenen Lords" aus dem Jahr 2019