Rezension

Gelungener Spannungsroman von Nalini Singh

Im grausamen Licht der Sonne - Nalini Singh

Im grausamen Licht der Sonne
von Nalini Singh

Bewertet mit 4.5 Sternen

Flieh, so weit du kannst – deiner Vergangenheit entkommst du nicht!

INHALT

Als Ana nach acht Jahren am anderen Ende der Welt nach Golden Cove zurückkehrt, scheint sich dort kaum etwas verändert zu haben. Beinahe könnte sie glauben, dass die Zeit stehen geblieben ist – wäre da nicht Will, der neue und einzige Cop im Ort, der seltsam unnahbar wirkt.

Wie sehr die Dinge tatsächlich beim Alten geblieben sind, wird Ana allerdings erst bewusst, als erneut ein schönes junges Mädchen verschwindet, so wie es auch schon früher geschehen ist.

Nach und nach holt die dunkle Vergangenheit Golden Cove ein und zwingt die Bewohner, ihre gefährlichsten Geheimnisse preiszugeben. Denn eins steht fest: Wer auch immer für das Verschwinden des Mädchens verantwortlich ist, muss aus Golden Cove stammen!!

(Quelle: Droemer Knaur)

MEINE MEINUNG
Mit ihrem neuen Buch „Im grausamen Licht der Sonne“ hat sich die vor allem mit ihren Romantic-Fantasy-Romanen erfolgreiche Bestsellerautorin Nalini Singh aus Neuseeland in ein neues Genre vorgewagt.
Auch wenn es sich hierbei nicht wirklich um einen Thriller sondern eher um einen atmosphärisch dichten und eher ruhigen Krimi handelt, ist Nalini Singh eine spannende und sehr abgründige Geschichte mit einigen Thriller-Elementen und Gänsehaut-Momenten gelungen, die mich bald in ihren Bann ziehen konnte.
Insbesondere die etwas düstere, unheilvolle Atmosphäre und die allmählich enthüllten menschlichen Abgründe bilden einen interessanten Kontrast zu dem idyllischen, traumhaft gelegenen und etwas verschlafenen Kleinstädtchen Golden Cove. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, das Setting mit sehr bildhaften Beschreibungen der einzigartigen, von Wind und Wetter geprägten Landschaft einzufangen. Die raue Naturschönheit von Neuseelands Südinsel mit der atemberaubenden Küste und das wilde, dicht bewaldete und gefahrenvolle Hinterland sind eine grandiose, sehr stimmungsvolle Kulisse und tragen zum besonderen Flair dieses Krimis bei.
Indem Singh immer wieder Wörter und Sätze auf Māori sowie typische Traditionen in die Handlung einfließen lässt, gibt sie uns interessante Einblicke in die faszinierende Maori-Kultur, deren Geschichte, Rituale und Sprache tief in Neuseelands Kultur und Identität verankert sind. 
Singhs angenehmer, mitreißender und bildhafter Schreibstil konnte mich rasch in die Geschichte hineinziehen. An der Seite der Protagonistin Anahera, die vor vielen Jahren Golden Cave verlassen hat und nun nach dem Tod ihres Mannes aus London in ihre Heimat zurückkehrt, tauchen wir allmählich in die faszinierend unheilvolle Atmosphäre des beschaulichen Ortes ein und lernen die vielen Bewohner des Orts nach und nach kennen.
Sehr raffiniert hat die Autorin die Krimihandlung angelegt, die wir abwechselnd an der Seite der  Hauptfiguren Ana und dem etwas wortkargen, erst vor kurzen nach Golden Cave versetzten Polizisten Will erleben. Die anfänglich ruhige Handlung nimmt mit dem plötzlichen Verschwinden der jungen Miriama und der verzweifelten Suche nach ihr eine abrupte Wendung und gewinnt mit den beginnenden Ermittlungen deutlich an Fahrt. Nach und nach werden immer neue dunkle Geheimnisse der Bewohner der Kleinstadt aber auch der verschwundenen Miri enthüllt; Affären, geheime Obsessionen, Verfehlungen in der Vergangenheit aber auch schockierende Abgründe werden aufgedeckt, so dass beinahe jeder in Verdacht gerät. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, uns beim Miträtseln auf einige falsche Fährten zu locken und mit potentiellen Motiven immer wieder für neue Verdachtsmomente zu sorgen.
Leider ist es ihr aber trotz der packenden Ausgangskonstellation nicht gelungen, den Spannungsbogen bis zum großen Finale durchgängig auf hohem Niveau zu halten. Dennoch versteht sie es hervorragend, eine tolle, unterschwellig beklemmende Grundstimmung heraufzubeschwören, die sich über die gesamte Handlung legt und für besonderen Nervenkitzel sorgt.
Singh hat ihre charakterstarken Protagonisten Ana und Will vielschichtig, lebensnah und mit interessanten Hintergrundgeschichten ausgearbeitet. Durch ihre Ecken und Kanten sowie ihre problembehaftete Vergangenheit hat sie gereifte Persönlichkeiten mit Tiefgang geschaffen, die sehr authentisch wirken. Dennoch dauerte es eine ganze Weile bis ich mit ihnen warm wurde. Während der gemeinsamen Ermittlungen kommen Ana und Will sich allmählich näher, so dass die Geschichte eher dezent auch mit etwas Romantik gewürzt wird. Auch die Nebenfiguren wurden abhängig von ihrer Rolle recht facettenreich und ansprechend ausgearbeitet. Bei einigen Charakteren hätte ich mir allerdings etwas mehr Tiefgang gewünscht, um ihre Handlungen besser nachvollziehen zu können.
Schrittweise lässt die Autorin die Erkenntnisse aus den Ermittlungen immer mehr zusammenlaufen, so dass der Fall mit einigen überraschenden Wendungen bis zum packenden Finale spannend bleibt. Die Auflösung des komplexen Falls und die erschütternden Erläuterungen der Beweggründe sind in sich schlüssig und auch die psychologischen Motive nachvollziehbar.
Ein wirklich gelungener und sehr vielversprechender Genrewechsel der Autorin, der mich schon sehr neugierig auf einen weiteren Thriller aus ihrer Feder macht!
FAZIT
Ein vielschichtiger, fesselnder und atmosphärisch dichter Kriminalfall vor der grandiosen Kulisse Neuseelands!