Rezension

Gelungenes Debüt und vielversprechender Reihenauftakt

Witchmark. World Fantasy Award für den besten Fantasy-Roman des Jahres 2019 - C. L. Polk

Witchmark. World Fantasy Award für den besten Fantasy-Roman des Jahres 2019
von C. L. Polk

Bewertet mit 4 Sternen

Als ein Mann während seines Dienstes dem Tode nahe eingeliefert wird, ahnt Miles Singer, Arzt in einer psychiatrischen Einrichtung, noch nicht, welches Ausmaß diese Begegnung für sein Leben haben wird. Denn Miles ist eine Hexe und sein Geheimnis droht aufzufliegen. Doch nicht nur Miles Geheimnis ist in Gefahr, sondern noch viel mehr. Denn in Aeland häufen sich merkwürdige Mordfälle. 
Ich hatte anfangs ein paar Startschwierigkeiten, da der Leser ab der ersten Seite mitten in die Handlung geworfen wird und sich Zusammenhänge erst nach und nach offenbaren. Doch trotz der etwas holprigen Einführung in die Welt der Hexen war ich sofort an die Geschichte gefesselt. Dies liegt unteranderem an dem wirklich tollen Schreibstil, aber auch an den Charakteren und dem spannenden Plot.
Miles ist ein ganz wunderbarer Protagonist, dem ich gerne folgte. Er ist sehr einfühlsam und hilfsbereit, geht in seiner Tätigkeit als Arzt vollkommen auf. Und erst nach und nach erfährt der Leser, was ihn zu diesem Mann machte und was er alles schon erlebt hat. 
Auch die weiteren Charaktere sind sehr spannend. Alle wurden wirklich toll und einzigartig beschrieben, sodass auch die Nebencharaktere nicht farblos, sondern sehr lebendig und authentisch erschienen. 
Der Plot ist wirklich sehr spannend und ich habe regelrecht mitgefiebert mit den Charakteren. Unterschiedliche Ansätze werden verfolgt und erst fast zum Ende hin offenbart sich ein Bild, mit dem ich zu Anfang wirklich nicht so gerechnet habe. Nur mit dem Tempo habe ich ein kleines Problem. Während der Anfang eher langsam ist und sich mehr auf die richtige Stimmung und die Beschreibung der Umwelt von Miles Singer konzentriert wurde, ist das Ende sehr rasant und plötzlich. Es passiert am Ende zu viel auf zu wenig Seiten, wodurch es nicht ganz stimmig ist zum Rest der Geschichte. Ein schnelleres Tempo ist gar nicht verwerflich, doch es fühlte sich ein wenig so an, als wären am Ende alle losen Stränge schnell in einem Kapitel zusammengefügt worden. Mir hätte es besser gefallen, wenn die Autorin sich hier ein wenig mehr Zeit genommen hätte. 
Die Autorin vereint wirklich viele Dinge in diesem Buch. Es geht um Intrigen und Verrat, familiäre Bindungen, Magie, ein bisschen Detektivarbeit und die Unterdrückung und Ausbeutung einer bestimmten Klasse. Eine wirklich spannende Mischung, die toll funktioniert.
Das Magiesystem gefiel mir auch sehr. Leider aber wurde es zu Beginn nicht ausführlich genug erklärt – was auch zu diesem eher holprigen Start führte. Erst im Laufe der Geschichte bekam ich eine Ahnung, was die Autorin sich dabei gedacht hatte und erst nach der Hälfte etwa konnte ich die unterschiedlichen Arten der Magie auseinander halten. 
Das World Building hat mir wirklich außerordentlich gut gefallen. Sehr stimmungsvoll und authentisch schildert die Autorin das Setting, das sich sehr nach England kurz vor dem ersten Weltkrieg anfühlte. Toll gekleidete Gentlemen, Kutschen und wenig Automobile, das Fahrrad ist absolut im Trend. Hier konnte mich die Autorin wirklich sehr von ihrem Geschick überzeugen.
Die sehr zart im Hintergrund mitschwingende, sich anbahnende Liebesbeziehung gefiel mir so unglaublich gut. Genau so etwas wünsche ich mir viel mehr in Büchern. Nicht kitschig, nicht aufdringlich, sondern einfach ehrlich. Nur das Ende war mir etwas zu überzogen. Hier verstehe ich den Kritikpunkt, der vor allem auf Goodreads immer wieder aufgegriffen wurde gut, dass sich die Geschichte ein wenig wie eine Fanfiction liest. Sehr schade, das hätte die Geschichte überhaupt nicht nötig gehabt. 
Ich kann es nun aber kaum erwarten, bis der zweite Band publiziert wird. Hier muss sich jedoch in Geduld geübt werden, denn die Veröffentlichung ist erst im nächsten Jahr angesetzt.