Rezension

Gelungenes Ende

Die Schokoladenvilla – Zeit des Schicksals
von Maria Nikolai

Bewertet mit 4.5 Sternen

Handlung

Stuttgart 1936

Viktoria hat in Frankreich ihre Lehrzeit begonnen, muss diese aber frühzeitig abbrechen. Ihre Unterstützung und Arbeitskraft wird dringend in der familiären Schokoladenmanufaktur benötigt, Unbekannte wollen die Familie Rothmann aus der Leitung des Unternehmens drängen. Viktoria und ihre Mutter Judith kämpfen mit vereinten Kräften und suchen nach einer Lösung um die Manufaktur behalten zu können.

Währenddessen taucht der Amerikaner und Schokoladenunternehmer Andrew Miller in Deutschland auf. Er und die Rothmanns sind Geschäftspartner, sie stehen beide vor wichtigen Entscheidungen und müssen ihr Unternehmen verteidigen. Mit vereinten Kräften schmieden sie einen Plan und schauen ein weniger hoffnungsvoller in die Zukunft. So fern ihnen dies möglich ist, die Politik der Nazis nimmt immer stärkere Züge an und es wird mit dem schlimmsten gerechnet. Und schließlich kommt auch noch ein lang und gut gehütetes Familiengeheimnis ans Licht...

 

Meinung

Bei dem wunderschönen Cover gibt es wieder eine große Ähnlichkeit zu den anderen beiden Teilen. Der Aufbau ist sehr ähnlich, eine Dame geht zielstrebig auf eine Villa zu, lediglich die Farben und die Mode der Dame hat sich verändert. Diesmal wirkt der Garten / die Zufahrt zu dem Haus sehr sommerlich und farbenfroh aus, die Blumen blühen, die Bäume erstrahlen in einem satten grün und es wird ein einladendes und warmes Gefühl vermittelt. Die Dame ist der Mode der 1930er entsprechend gekleidet, sieht sehr schick aus und besitzt eine aufrechte Haltung. Hier kann ich mir vorstellen, dass entweder Judith oder ihre Tochter Viktoria dargestellt sein könnten, gerade wegen der Haltung trifft die Darstellung auf beide Personen zu.

Der Titel wurde in einem glänzenden und sehr auffallenden Gold-Ton gehalten, gibt dem Cover einen Hingucker und lässt es noch edler wirken. Und auch die Hortensien, die an verschiedenen Orten des Covers auftauchen, wurde mit einem glänzenden Überzug versehen, was sehr schick erscheint. Insgesamt also ein wirklich ansprechendes und schönes Cover, es passt perfekt zu der Reihe, zeichnet sich durch Besonderheiten aus und fällt in einer Buchhandlung definitiv auf!

 

Ich roll den Roman erst einmal ein wenig von hinten auf. Es gibt nämliches einen ausführlichen und sehr informativen Anhang, der der Handlung abrundet und offene Fragen klärt. Zuerst wurde ein Personenverzeichnis abgedruckt, es wurden jeweils die wichtigsten handelnden Personen genannt. Ich hatte diesmal absolut gar keine Probleme mit der Wiedererkennung von Personen, anhand der eingängigen und ansprechenden Darstellung ist mir jeder einzelne im Gedächtnis geblieben und jeder hatte Merkmale, anhand derer er sich direkt hat wiedererkennen lassen hat. Selbst bei dem Start in die Geschichte waren mir nach wenigen Seiten die Personen alle wieder bekannt und ich musste an keiner Stelle lange überlegen, wie die Person mit der Familie Rothmann verknüpft ist. Vielleicht wäre es allerdings ganz schön gewesen, wenn das Verzeichnis am Anfang des Buches abgedruckt worden wäre. Zumindest mag ich dies immer lieber so, weil man sich die Aufstellung bereits vor dem Beginn der Handlung anschauen kann und mir so direkt wieder Details aus den vorherigen Bänden einfallen.

Schließlich gibt es noch kleine Infotexte über all jene Personen, die real sind und tatsächlich gelebt haben. Diese tauchen in einer überschaubaren Anzahl auf und ich empfand es als sehr interessant, mehr über ihr Leben zu erfahren,

Anschließend gibt es ein Glossar und darauf folgend gibt es noch einige Informationen über den historischen Hintergrund. Anhand dessen kann man sich ein gutes Bild des Lebensgefühls und über die Sorgen der Bevölkerung machen und diese zusätzlichen Fakten geben dem Roman ein rundes und stimmiges Ende.

Ich bin sehr begeistert davon, wie umfangreich der Anhang ist und wie viele Informationen aufgelistet werden. Es zeigt nicht nur einen Hauch der Recherchearbeit, sondern gibt auch dem Leser ein vielfältiges Bild und rundet den Roman perfekt ab.

 

Vor jedem neuen Kapitelanfang wurde vermerkt, an welchem Tag, meist wurde auch eine ungefähre Angabe der Zeit genannt, und an welchem Ort die folgende Handlung stattfindet. Man kann dadurch auf einen Blick erkennen, wie viel Zeit seit dem Beginn der Geschichte vergangen ist, wie viele Ereignisse an einem Tag stattfindet und sich so immer gut orientieren. Zumal sich der Handlungszeitraum über einige Monate erstreckt, in denen allerhand geschieht. So geht man nie verloren und kann immer genau nachverfolgen, wie weit die Story fortgeschritten ist.

Ich war selbst ein wenig davon überrascht, wie kurz die Handlungszeit eigentlich ist und das die Geschichte viel kompakter ist, als ursprünglich angenommen. Insgesamt vergehen lediglich neun Monate, von denen teils manche Tage sehr ausführlich beschrieben wurden, an anderen Stellen wurde wieder einige Zeit übersprungen. Auf diese Weise bleibt die Handlung stets dynamisch und schwungvoll und es entstanden für mein Gefühl an keiner Stelle Längen.

 

Schon bei dem Lesen der Inhaltsangabe sind mir viele Details und Ereignisse aus den ersten beiden Bänden wieder eingefallen, die mir einen sehr angenehmen Start in den Roman ermöglicht haben. Das hatte ich so gar nicht erwartet, immerhin ist es gut ein Jahr her, seitdem ich den zweiten Band gelesen habe. Und schon nach wenigen Seiten hat mich die Geschichte wieder vollkommen in ihren Bann gezogen und stellenweise wollte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Die Geschichte lässt sich unglaublich flüssig und locker lesen, es liegt eine ganz hervorragende und detailreiche Sprache zugrunde, die viele Situationen lebendig und realistisch erscheinen lässt. Einen passenden Anspruch erhält die Schreibweise durch allerhand historische Informationen, aber auch durch die Einbindung von älteren Begriffen, von denen mir einige unbekannt waren und die anhand des Glossars erklärend beschrieben wurden.

Insgesamt habe ich ungefähr fünf Tage für die Geschichte gebraucht, mit mehr Freizeit hätte ich sie sicherlich in zwei-drei Tagen ausgelesen. Es gibt eine spannende und oft überraschende Handlung, die Personen haben eine tolle Zeichnung erhalten und viele Szenen konnte ich mir bildhaft vorstellen. Ich denke daher, dass man den Roman auch gut innerhalb eines Wochenendes auslesen kann, er verströmt einen ganz eigenen Anreiz und lädt dazu ein, immer weiterzulesen!

Immer wieder werden die Gefühle und Gedanken der Protagonisten geschildert, weshalb es mir gut möglich war, zu vielen eine Bindung aufzubauen und dadurch habe ich Handlungen auch besser einschätzen können und nie zu schnell geurteilt. Die Geschichte erschien für mich dadurch lebendig und realistisch, viele Ereignisse könnten tatsächlich so stattgefunden haben.

 

Ein allwissender Erzähler beschreibt auf eine ansprechende Art die Ereignisse. Er folgt den Protagonisten in verschiedene Länder, gibt Einblicke in deren Gefühlsleben und lässt die gesamte Geschichte lebendig werden. Fast alle Abschnitte sind aus der Sicht von Mitgliedern der Familie Rothmann geschildert, nur wenige Szenen werden von anderen Figuren erzählt. Auf diese Weise hat man verschiedene Ansichten stets gut nachvollziehen können und es entstand eine angenehme Mischung, für mich wurde die Geschichte an keiner Stelle langweilig.

Dazu merkt man, dass der Erzähler immer einige Geheimnisse für sich behält und die Handlung auch im Folgenden spannend und interessant bleibt. Immer wieder gibt es Andeutungen, die auch mich stutzig gemacht haben und man konnte bereits gut spekulieren, welche Personen vielleicht nicht so positiv sind, wie man anfangs denkt.

 

Der Spannungsbogen wurde also auf einem konstant guten Niveau gehalten, man merkte richtig, wie die Geschichte auf einen großen Höhepunkt zusteuert. Und konnte dementsprechend mitfiebern und für mich war dies auch ein Grund, weshalb ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte.

Spannungsreiche Kapitel wechseln sich oft mit ruhigeren Abschnitten ab, in denen alltägliche Szenen oder die Herstellung und Konzeption verschiedener Geschäftsideen rund um die Schokolade geschildert werden. So entsteht eine angenehme Mischung, es gab immer wieder ruhigere Momente und ich empfand die Einblicke in das normale Leben der Protagonisten sehr interessant.

Bei diesem dritten Band hatte ich schon oft einige Ideen, wie die Handlung weitergehen könnte. Und diesmal lag ich tatsächlich häufig richtig, viele Zusammenhänge hatte ich mir schon ein wenig so vorgestellt. Daher konnte mich die Handlung nur sehr selten überraschen, was meinem Lesefluss aber keinen Abbruch getan hat.

 

Einen einzigen kleinen Kritikpunkt habe ich: Das Ende war doch irgendwie sehr rasch herbeigeführt. Ein wenig war nach dem Höhepunkt der Handlung die Luft raus und danach war das Buch auch rasch zu Ende. Die Erklärungen von Zusammenhängen hätten für mich gern länger ausfallen können, schließlich wurde man als Leser gut 550 Seiten lang darauf vorbeireitet und ich habe mit Spannung den Höhepunkt erwartet, der für meinen Geschmack viel zu rasch abgehandelt war.

 

Immer wieder gibt es Punkte im Roman, an denen man die Recherchearbeit der Autorin gut erkennen kann. Sei es anhand der Lebensweise, einiger historischer Fakten, der sehr gelungenen Darstellung der Olympischen Spiele 1936 oder des immer stärker werdende Nationalsozialismus in Deutschland. Anhand vieler Szenen erschafft Maria Nikolai ein lebendiges Bild der Handlungszeit und besonders anhand des Nachwortes wurden für mich viele Fakten noch eindringlicher und vieles habe ich auch erst nach dem Ende der Handlung richtig bewusst wahrgenommen.

 

Es taucht eine Vielzahl an Protagonisten auf, dies lässt sich schon anhand des Personenverzeichnisses erkennen. Dabei tauchen manche öfters, manche seltener auf, es gibt recht wenige neue Protagonisten, die meisten sind bereits aus den ersten beiden Bänden bekannt. Im besonderen Mittelpunkt steht die Familie Rothmann, wobei sich auch diesmal wieder kein deutlicher Hauptprotagonist hervorhebt. Besonders toll fand ich das Wiedersehen mit den bekannten Figuren. Es ist einfach schön zu sehen, wie sich viele entwickelt haben, man konnte einigen beim Aufwachsen zusehen, bei der Umsetzung von Wünschen und bei der Charakterbildung.

Ein jeder Protagonist hat ein eigenes und durchdachtes Wesen erhalten, welches ihn auszeichnet und besonders macht. Sie haben ein markantes Auftreten, was einen hohen Wiedererkennungswert bietet und hatten starke und spannende Wesen. Viele Personen hatten eine lebendige Ader und es hat Spaß gemacht, sie ein Stück ihres Weges zu begleiten.

 

Fazit

Ach, es hat richtig Spaß gemacht, noch ein letztes Mal in die Schokoladenvilla zurückzukehren und einige Zeit mit den Protagonisten zu verbringen. Es war ein schönes und spannendes Wiedersehen, das der ganzen Reihe ein rundes Ende gegeben hat. Bei mir bleiben absolut keine Fragen offen, ich mochte es sehr zu erfahren, wie die Personen ihr weiteres Leben gestalten und bin, bis auf einen kleinen Punkt, sehr zufrieden mit dem finalen Band der Schokoladenvilla-Trilogie. Und für diesen einen Kritikpunkt werde ich am Ende einen halben Stern in meiner Bewertung abziehen.

Ein klein wenig wehmütig bin ich schon, nun mit dem Wissen zu sein, dass es keinen weiteren Band geben wird. Gleichzeitig bin ich mit dem runden und sehr passenden Ende wirklich zufrieden und ich möchte auch diesmal wieder eine große Empfehlung für die ganze Reihe aussprechen!