Rezension

…gelungenes Krimi-Debüt in klassischer „Whodunit“-Manier!

Bis ihr sie findet - Gytha Lodge

Bis ihr sie findet
von Gytha Lodge

Vor 30 Jahren verschwand die 13-jährige Aurora Jackson spurlos während eines Campingausflugs mit ihrer älteren Schwester Topaz und deren angesagter Clique. Nun werden ihre Überreste zusammen mit Drogen in einer Erdhöhle in der Nähe des Platzes, wo die Jugendlichen damals gezeltet haben, gefunden. Detectiv Chief Inspector Jonah Sheens nimmt mit seinem Team die Ermittlungen wieder auf, durchleuchten die damaligen Aussagen der Beteiligten und vergleicht diese mit ihren heutigen Aussagen. Jeder und jede scheint etwas zu verbergen: Ermittler nicht ausgenommen! Langsam bröckelt der Wall aus Angst, Lügen und Heimlichkeiten, und es formt sich ein Bild dieser verhängnisvollen Nacht vor 30 Jahren, in der Aurora sterben musste…!

Gytha Lodge erfindet mit ihrem ersten Krimi das Genre nicht neu, hat dafür aber einen spannenden Plot geliefert, der die Aufmerksamkeit der Leserschaft auf ein konstantes Niveau hält. In dieser klassischen „Whodunit“-Story mit der überschaubaren Anzahl Verdächtiger dirigiert sie die Gedanken der Leser*innen geschickt in immer neue Richtungen, nur um mit einer unvorhersehbaren Wendung den Verdacht wieder auf eine andere Person zu lenken. Im Laufe der Lektüre hatte ich so jede und jeden – von Auroras Schwester Topaz über ihren damaligen Schwarm und jetzigen Ehemann bis zu DCI Jonah Sheens „himself“ in Verdacht. Wäre irgendwo aus dem Unterholz ein Gärtner gekrochen, hätte ich auch diesen verdächtigt (Der Mörder ist immer der Gärtner!).

Der Roman teilt sich in zwei Erzählebenen: In Rückblenden werden die Einzelheiten dieser schicksalshaften Nacht – vornehmlich aus Auroras Sicht – geschildert. Hier herrscht eine bedrohliche, düstere Stimmung vor. Besonders das Verhalten der einzelnen Mitglieder der Clique gegenüber Aurora zeigt viel von deren Alten Ego und offenbart neue, interessante Blickwinkel.

Die Gegenwart wird weitaus energischer geschildert und spiegelt die akribische Ermittlungsarbeit der Polizei wieder. Auch die häppchenweise dargebotenen Informationen zur möglichen Beteiligung der Ermittler bzw. zu deren Vergangenheit lassen diese Figuren durchaus zweidimensional erscheinen und schüren die Neugier, weitere Details zu erfahren. Lodge zeichnet eine glaubhafte Charakterisierung ihrer Protagonist*innen und versteht es nachvollziehbar, die sich verändernde Dynamik innerhalb der Schicksalsgemeinschaft dieser Menschen zu beschreiben. Der Verdacht, dass der Mörder von Aurora nur einer von ihnen sein kann, erschüttert das Vertrauen zueinander.

Jetzt haben wir es hier mit sechs privilegierten Jugendlichen (attraktiv, beliebt und umschwärmt) zu tun, die später zu ebenso privilegierten Erwachsenen (wohlhabend, erfolg- und einflussreich) heranreifen: Gähn! Wie langweilig! Doch im Laufe der weiteren Lektüre meinte ich zu erahnen, dass die Autorin ihre Protagonisten mit Bedacht gewählt hat. Der traumatische Verlust lässt die Mitglieder der Clique scheinbar enger zueinander rücken. Alle versuchen, mit dem Geschehenen (weiter-)leben zu können und kompensieren mit dem Streben nach Anerkennung das Gefühl von Schuld. Mit dem Auftauchen von Auroras Überresten bröckelt die Fassade des Establishments und hinter der selbstauferlegten Schutzmaske aus Schweigen, Lügen und Verleugnen kommen die hilflosen und unsicheren Kinder, die sie damals in Wirklichkeit waren und von denen heute immer noch ein Teil in ihnen steckt, zu Tage.

Der Mörder/ die Mörderin gibt sich alle erdenkliche Mühe, die Ermittler (und somit auch die Leser*innen) mit falschen Indizien in die Irre zu führen und mit Manipulation der Menschen in seinem/ ihrem Umfeld die eigenen schändlichen Taten zu verschleiern. Doch wer war nun der Mörder oder die Mörderin von Aurora? Die Auflösung überrascht, und ich verrate nur so viel: Der Gärtner war es nicht!

Kommentare

hobble kommentierte am 05. November 2019 um 07:05

was fürs wunschregal