Rezension

Gemeinsam statt einsam

Bergsalz -

Bergsalz
von Karin Kalisa

In dem kleinen Dorf im Voralpenland kennen sich die Alten seit Jahrzehnten, aber sie sind nicht befreundet. Die Kinder sind längst aus dem Haus, viele Männer schon tot und die Witwen fristen ein einsames Dasein. Fast jeder Tag verläuft gleich, man besorgt Haus und Garten und kocht sich ein einsames Mittagessen. „Die Rezepte ihres grünen Ringbuches … fingen in kleinster Größe an mit: für zwei Personen. Für eine allein war dort nicht vorgesehen, gab´s nicht, auch wenn es gang und gäbe war, dass eine für sich allein kochte oder eine allen für sich kochte, wie man es nahm – in beiden Fällen sachlich richtig und grundfalsch zugleich.“ (S. 18)

Diese Routine wird durchbrochen, als Johanna ausgerechnet zur Mittagszeit bei Franzi klopft – angeblich, um sich Mehl zu borgen, in Wirklichkeit aber, weil sie die Einsamkeit nicht mehr aushält. „Wennst einsam bist, hast immer noch dich selbst, aber von allen verlassen darfst nicht sein. Dann bist verraten und verkauft.“ (S. 159) Eine weitere Nachbarin kommt dazu, im Laufe der Zeit werden es immer mehr, man bekocht sich abwechselnd. Dann werden die Küchen allmählich zu klein. Könnten sie ihre gemeinsamen Mittagessen und das Kochen nicht vielleicht in die seit 20 Jahren stillgelegte Küche des Wirtshauses verlegen? Das „Rössl“ ist zwar eine Flüchtlingsunterkunft, aber für die Bewohner würde man eben einfach mitkochen …

 

Karin Kalisa erzählt in ihrem neuen Buch von einer geschlossenen, lange gewachsenen Gemeinschaft, die doch keine ist. Die Einwohner werden immer älter, die jüngeren sind fast alle weggezogen. Jeder kocht – im wahrsten Sinne des Wortes – sein eigenes Süppchen. Als ausgerechnet die Witwen entdecken, dass sie ihre Freiheit und Eigenheiten ja gar nicht aufgeben müssen, nur um mit und für andere zusammen zu Kochen und zu Essen. Die einsamen Küchentische werden wieder zum Mittelpunkt des Lebens und der Gemeinschaft. Und bald fangen sie an, über den Tellerrand zu sehen. Ihre selbstgesteckten Grenzen zu überwinden. Von „>füreineallein< zu >mitanderenzusammen<“ (S. 43) Die Wiederbelebung der Gasthausküche ist nur der Anfang. Es folgen weiter Pläne und deren Umsetzung, das Dorf wird wieder fit und für seine Bewohner und Gäste attraktiv gemachen.

 

Ich habe das Buch als Überraschungspost vom Verlag zugeschickt bekommen, doch schon bei den Worten „Küche“ und „Salz“ hatte es mich, da ich selbst eine leidenschaftliche Köchin und Bäckerin bin und gern Familie und Freunde bewirte.

 

Karina Kalisa schreibt sehr poetisch vom ursprünglichen Leben im Augenblick und Einklang mit dem Wind, der Natur und den Jahreszeiten. Ich konnte mich zum Teil in dem Buch richtiggehend verlieren. Sie sinniert darüber, wieviel Platz und was ein Mensch wirklich zum Leben braucht, regt den Leser damit zum Nachdenken an.

Allerdings gab es an den Kapitelenden eigenartige kursive Einschübe, die völlig losgelöst von der Handlung scheinen und deren Bedeutung sich erst am Ende des Buches aufklärt. Auch die Traumsequenz (?) von Franzi kann ich nicht deuten oder einordnen, darum leider nur 4 von 5 Sternen.

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 17. November 2020 um 00:23

Im Großen und Ganzen stimme ich mit Deiner Rezi zu, gut getroffen!