Rezension

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Genau so toll wie die Vorgänger-Reihe!

The Lost Prince - Julie Kagawa

The Lost Prince
von Julie Kagawa

Als dann rauskam, dass es eine Spin-Off Reihe geben wird, in der Ethan, Meghans Bruder, die Hauptrolle spielen wird, war mir natürlich sofort klar, dass ich auch diese Reihe lesen muss. Meine Erwartungen an das Buch waren dementsprechend sehr hoch und die Chance, dass das Buch mich enttäuschen könnte, ebenso. Abeeerrrr.... es hat mir unglaublich gut gefallen, wenn es auch ein paar Aspekte gab, die nicht ganz meinen Vorstellungen entsprochen haben.

Was man eigentlich nicht extra erwähnen muss ist, dass das Buch aus Ethans Perspektive, in der Ich-Form geschrieben ist. Dass Julie Kagawa ihren weiblichen Leserinnen auch männliche Protagonisten näher bringen kann, hat sie bereits in Plötzlich Fee Frühlingsnacht bewiesen, welches aus der Sicht von Ash geschrieben ist. Ich konnte mich also gut in Ethan hineinversetzen. Obwohl... Anfangs ist er ein echter Idiot. Entschuldigt wenn ich das sage, aber zu Beginn ist er einer dieser typischen Jugendbuch-Bad-Boys: gutaussehend, aber unnahbar und echt fies und miesepetrig. Der Typ, dem alle Mädchen (aus welchem Grund auch immer) total verfallen, ohne ihn zu kennen. "Was ist bloß aus dem süßen kleinen Ethan geworden?", war mein erster Gedanke. Er ist mit seinen 17 Jahren ziemlich verbittert, kalt und unglücklich. Schuld daran sind die Feen, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen, einfach nur, weil er sie sehen kann. Er ist aber auch verbittert, weil Meghan ihn einfach im Stich gelassen hat. Er denkt, sie hat kein Interesse mehr an ihm und ihrer Familie. Seine Mutter leidet sehr darunter und deswegen ist er noch wütender auf sie und verspürt einen regelrechten Hass auf Ash, weil er es war, der ihm Meghan fortgenommen hat. 

Natürlich konnte ich ihn und seine Abneigung gegenüber den Feen verstehen, aber seine Einstellung fand ich dennoch schlimm. Er war mir deswegen aber nicht unsympathisch, ich habe viel eher Mitleid mit ihm gehabt. Alles was er tut, tut er aus guten und auch selbstlosen Gründen und wird dabei leider immer selbst verletzt. Ethan und ich hatten also keinen reibungslosen Start in sein Abenteuer, aber ich war mir sicher, es wird sich schon noch zeigen, aus welchem Holz er wirklich geschnitzt ist. 

Dann taucht Kenzie auf. Selbstbewusst, dickköpfig, neugierig, sarkastisch und humorvoll. Ich habe sie vom ersten Moment an geliebt und wusste, die beiden sind eine interessante Kombination. Sie ist im nämlich ebenbürtig, was die Sprüche angeht und lässt sich von seiner kalten Art nicht abschrecken, sondern geht gelassen und ziemlich witzig damit um. So lockt sie Ethan nach und nach aus seiner Deckung. Sie lernt ihn besser kennen, aber auch als Leser bekommt man einen besseren Eindruck von Ethan und man merkt, dass unter der harten Schale durchaus ein weicher Kern steckt.

Je mehr man über Ethans Vergangenheit lernt, desto mehr versteht man auch, wieso er so "schwermütig" geworden ist. Er hat wirklich einiges durchgemacht, um das man ihn nicht beneidet.

Sein Leben wird aber dann erst richtig auf den Kopf gestellt, als eine Halb-Fee, mit der er mehr oder weniger "befreundet" ist, entführt wird und Ethan rausfindet, dass es noch mehr solcher Fälle gibt. Dann tauchen Feen auf, die sich selbst "The Forgotten" nennen, also Feen, die in Vergessenheit geraten sind. Wer von euch Plötzlich Fee Winternacht gelesen hat wird sich vermutlich noch an das Dorf erinnern, in das solche Feen normalerweise zum Sterben gehen. In The Lost Prince spielt diese "Gattung" eine entscheidende und auch bedrohliche Rolle.

Es kommt, wie es kommen muss und Ethan landet ungewollt im Nimmernie, den Ort, den er so sehr hasst, zusammen mit Kenzie... Von da an beginnt... HALT! Erst sollte ich euch wohl verraten, wer natürlich wieder mit dabei ist: Grimalkin! Schnippisch, allwissend und Kater wie eh und jeh! Hach, was habe ich mich gefreut! Er ist in Höchstform und hat die Lesestunden sehr bereichert.

Aber wo war ich.. ach ja: Im Nimmernie angekommen beginnt für Ethan und Kenzie ein Abenteuer, das beide an ihre Grenzen bringt. Doch die beiden sind nicht allein. Ihr "Team" wird durch Keirran verstärkt und später noch durch eine andere Fee. Keirran. Keirran... klingelt da was bei euch? Ja? Gut, denn er ist es wirklich... Wahnsinn, oder? Ich muss zugeben, ich hatte ihn mir etwas anders vorgestellt. Er ist.. mh... wie sage ich das am besten... jemand, der gerne blöde Entscheidungen trifft und für Trubel sorgt? Er erinnert mich nicht wirklich an seine Eltern. Ich mochte ihn schon, aber wirklich begeistert war ich nicht von ihm. Bei ihm ist es wie bei Ethan: Er hat es nicht immer leicht und seine Gründe sind eigentlich immer gut, deswegen ist es auch hier eher Mitleid, das man verspürt, als Abneigung. Ich hoffe einfach, in den kommenden Bänden ändert sich das noch etwas.

Die Handlung in The Lost Prince ist unglaublich mitreißend, weswegen ich das Buch quasi in einem Rutsch durchgelesen habe. Hinweise suchen, Theorien aufstellen, sich über den Kater ärgern, Angst vor den Vergessenen haben... all das hält einen ganz schön auf Trab. Das Ende ist nicht vorhersehbar und hat, oh Wunder, keinen miesen, gemeinen Cliffhanger, aber unbedingt sofort weiterlesen will man trotzdem. Die Charaktere ändern sich auf ihrer "Reise" sehr und die Entwicklung ist am Ende noch nicht vollkommen abgeschlossen, weswegen man von keinem von ihnen wirklich sagen kann, was da wohl noch kommen wird. Ich mochte die Konstellation von Ethan, Kenzie, Keirran und Annwyn sehr gerne. Gut ist nämlich, dass es mal KEIN Liebesdreieck gibt! Wuhuuu! 

Ethan hat also keinen Konkurrenten, wenn es um Kenzie geht. Dennoch ist die Beziehung der beiden zueinander nicht ganz einfach, weil beide so ihre Hemmungen haben, sich dem andern zu öffnen. Ich fand die beiden einfach toll zusammen. Ethan verliert einen Großteil seiner Bitterkeit und Kenzie lernt durch ihn Dinge kennen, die ihr viel bedeuten. Romantisch ja, aber fern ab von Kitsch und sehr, sehr berührend. 

So und jetzt denkt ihr euch bestimmt: "Was labert die so rum? Interessiert mich nicht! Was ich WIRKLICH wissen will ist: Kommen Meghan, Ash und Puck wieder vor???"
Die gute Nachricht ist, ja, das Trio taucht wieder auf. Die schlechte ist, es ist nur kurz. Meghan trifft man nur einmal, Ash zweimal, ebenso Puck. Sie alle haben sich verändert, aber dadurch, dass man so wenig Zeit mit ihnen hatte, erfährt man nicht, wie es ihnen wirklich geht... Das fand ich echt sehr sehr traurig! Auch hier hoffe ich einfach mal auf die Folgebände, in denen Ethan sich hoffentlich mehr Zeit nehmen wird, mehr über das Eiserne Königreich zu erfahren.

Ich könnte noch viel viel mehr schreiben, aber das würde dann zu weit führen und zu viel spoilern.

 

Fazit

Julie Kagawa. Ethan. Das Nimmernie. Abenteuer. Grimalkin.... muss ich echt noch mehr sagen?