Rezension

Gene findet seinen Lebenssinn

Die Angehörigen - Katharine Dion

Die Angehörigen
von Katharine Dion

Bewertet mit 3 Sternen

Ed und Gayle Donnelly sowie Gene und Maida Ashe  kennen sich seit dem College. Beide Paare haben früh geheiratet, ihre Kinder gemeinsam aufgezogen und viele Urlaube im Strandhaus der Donnellys verbracht. Dann stirbt Maida plötzlich nach 49 Ehejahren, und Gene fühlt sich völlig schutzlos, fast desorientiert. Er soll für die Trauerfeier einen Nachruf auf seine Frau verfassen und weiß zunächst nichts über sie zu sagen. Die Aufgabe stürzt ihn in tiefe Zweifel. War seine Frau glücklich im Leben, in ihrer Ehe? Von seiner Tochter Dary, zu der er immer ein schwieriges, distanziertes Verhältnis hatte, entfernt er sich immer mehr. Immerhin sorgt sie dafür, dass sich eine Zeit lang die Haushaltshilfe Adele um ihn kümmert. Als sich Gene und Adele näher kommen, wird es für eine Weile leichter für ihn. Ihn plagen allerdings immer noch Zweifel auch angesichts der Erkenntnis, dass es Dinge gibt, von denen alle wussten, nur er nicht. Zwischen  Ed und Maida gab es eine tiefe Verbundenheit, genauso wie Ed sich zu Gayle hingezogen fühlte. Haben sie ihn verraten und betrogen? Allmählich werden auch die Selbstzweifel  immer  stärker. Hat er selbst das Leben gelebt, das er für sich wollte, oder hat er sich immer viel zu sehr den Erwartungen anderer angepasst? Er erkennt, dass auch die Antworten auf all seine quälenden Fragen nichts ändern würden, dass man weder plötzlich ein ganz anderes Leben führen kann als das, das man nun mal hat noch rückwirkend irgendetwas an dem gelebten Leben verändern kann. Irgendwann will er manche Antworten nicht  mehr hören. Er kann es sich auch aus gesundheitlichen Gründen gar nicht leisten, seinen Seelenfrieden in dieser letzten Phase seines Lebens zu zerstören, indem er immer weiter nach einer möglicherweise unangenehmen Wahrheit sucht. 
Katherine Dion ist ein teilweise berührendes Buch gelungen, das auch den Leser über die angeschnittenen Themen nachdenken lässt, vor allem über die Frage, wie gut wir die Menschen wirklich kennen, die uns eigentlich nahestehen sollten. Dions Debütroman ist interessant, aber nicht besonders spannend, zumal der Leser, der aufgrund des Klappentextes spektakuläre Enthüllungen erwartet, enttäuscht wird. Am Ende der überwiegend ziemlich traurigen Geschichte über Verlust und Trauer wird der Leser durch Genes späte Erkenntnis versöhnt, dass sich sein Leben  “nicht als das erträumte erwies, sondern schlicht als jenes, das er geführt hatte.“ ( S. 278). Könnte sein Lebenssinn nichts weiter gewesen sein, als der Wunsch, niemals allein zu sein?