Rezension

Generation Brugger

Über Carl reden wir morgen -

Über Carl reden wir morgen
von Judith W. Taschler

Bewertet mit 5 Sternen

Ganz andere Erwartungen hatte ich an diesem Roman. Und doch konnte mich die Story und gerade der Erzählstil sehr begeistern.

Anton und Rosa Brugger wachsen auf dem Land, in eher ärmlichen Verhältnissen, auf. Während Rosa nach Wien geht, übernimmt ihr Bruder Anton die Mühle, heiratet und bekommt Kinder. Albert erbt die Mühle und baut sein Anwesen und Geschäftsidee noch weiter aus. Dies ist ein Familienroman über drei Generationen und zerrüttet durch die Geschehnisse des ersten Weltkrieges.

"Als er die schmalen Pfade zur Stellung hochging, fühlte er sich hilflos und elend. Lasst und doch alle die Waffen niederlegen und nach Hause gehen, dachte er." (Seite 257)

Ich weiß gar nicht was ich zuerst über diesen Roman über drei Generationen schreiben soll. Ich bin mit ganz anderen Erwartungen und Spannung an dieses Buch herangetreten und trotzdem hat es mich begeistert, mitgezogen und staunen lassen.

Man muss dieses Buch auf jeden Fall sehr sorgfältig lesen und vor allem sehr aufmerksam. Es geht um die Familie Brugger und drei Generationen, eine davon erlebt die Zustände des ersten Weltkrieges direkt und dieser beeinflusst die ganze Generation.

Der Schreibstil ist brilliant. Nimmt er einen doch an die Hand und führt einen durch Familienereignisse die schön und traurig, bewegend und schockierend sind. Das harte und einfache Leben als Müller wird sehr deutlich erklärt und bildhaft dargestellt.

Zurückgeworfen in ein anderes Jahrhundert erleben wir den Aufbau der Familie. Aber auch, was ein Leben zu dieser Zeit bedeutete, für Mann und Frau. Die gesellschaftlichen Regeln und Etiketten, die Gefahren in einfachen Dingen.

Dieses Buch wird vorwärts gelesen und rückwärts verstanden, das habe ich hier gelernt. Die ersten zwei Mal war ich noch verwirrt, dachte ich doch ich hätte etwas überlesen oder falsch verstanden, aber dem ist nicht so. Beim dritten Mal ist man dann auf die Auflösung gespannt, die auch kommt, aber nicht unbedingt im nächsten Satz.

Die Kapitel sind unterteilt, in immer zwei Personen. In diesen Kapiteln erhalten sie ihren Hauptpart, der Rest wird um sie herum auf - oder weitergebaut. Es besteht, wie im wahren Leben, immer eine stetige Veränderung.

Augenmerk der Autorin liegt auf den weiblichen Protagonistinnen. Das hat mir persönlich sehr zugesagt, tragen sie doch genug Verantwortung und müssen sich um soviel mehr kümmern und sorgen.

Die Schrecken des ersten Weltkrieges schleichen sich langsam heran, treffen dann mit voller Wucht und werden zur Zerreißprobe für den Leser und Familie Brugger. Überhaupt sind die geschichtlichen Fakten unglaublich interessant eingebunden und wer etwas von dem Geschichtsverlauf versteht wird hier sehr gut unterhalten.

Das Ende lässt mich jetzt einfach auf mehr hoffen. Denn so darf mich die Autorin nicht stehen lassen! Ein Generationen Roman der mich schlichtweg gepackt und begeistert hat.