Rezension

generationsüberspannende Tragödie

Verbrenn all meine Briefe -

Verbrenn all meine Briefe
von Alex Schulman

„Verbrenn all meine Briefe“ ist ein interessanter Roman, der auf realen Personen und tatsächlichen Ereignissen beruht. Autor Alex Schulmann betont allerdings im Nachwort die Zeitschienen angepasst, Ereignisse vereinfacht und auch einige fiktive Begebenheiten eingefügt zu haben. Das macht den Roman zu einem faszinierenden Lesevergnügen über ein Liebesdrama im Schweden der 30er Jahre und eine ungeklärte Wut.

 

Zum Inhalt: nach einem Familienstreit wird Alex klar- seine Kinder haben Angst vor ihm und seiner unberechenbaren Wut. Doch woher rührt diese Wut? Als Alex in sich geht wird ihn klar, dass auch seine Mutter oft wütend war und es viele Familienstreitigkeiten gab. Und auch sein Großvater war ein stoischer aber wütender Mann. Alex forscht in der Vergangenheit und findet ein Familiengeheimnis, dass Aufschluss über die geteilte Wut der Familie gibt.

 

Was mir an diesem Buch besonders gut gefällt, ist der stilistisch Aufbau. Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, zudem untermalen Tagebucheinträge und Briefe die Ereignisse der Vergangenheit und geben ihnen Plastizität. Ich finds immer was Besonderes, wenn Geschichten nicht einfach als Fließtext erzählt werden und daher hat mir das auch bei diesem Buch wieder sehr gut gefallen.

 

Ein bisschen komisch fand ich das „Namedropping“ im Buch, aber gut, da die Personen nun mal realexistierend sind, lässt sich das vermutlich nicht umgehen. War aber für mich z.B. bei den ersten Erwähnungen von David Lagercrantz sehr gewöhnungsbedürftig.

Ansonsten finde ich, dass die Tatsache, dass es die Personen und Begebenheiten tatsächlich in dieser Konstellation gab, die Geschichte noch eindringlicher und die toxische Beziehung noch erschreckender wirken lässt. Besonders die Bloßstellung Stolpes seiner Frau Karin fand ich einfach nur furchtbar und habe fast schon körperlich mitgelitten.

 

Das Buch ist nicht nur eine tragische Liebesgeschichte, sondern auch ein zeitgenössisches Familiendrama. Auf eine sehr nahbare, aber dabei fast schon poetischer Art beschreibt er die Tragik einer verbotenen Liebe, von den tiefen Wurzeln einer unstillbaren Wut und der Suche nach einer Art „Familienidentität“. Ein Buch, wie ein Puzzle, bei dem sich die Teile nach und nach ineinanderfügen und ein zutiefst trauriges Gesamtbild ergeben. So muss man erstmal schreiben können. Allein dafür ziehe ich den Hut vor Alex Schulmann.

 

Ein besonderes Buch, das mir gut gefallen hat.