Rezension

Genial düstere Dystopie mit garantiertem Gruselfaktor

Die Jäger der Nacht - Andrew Fukuda

Die Jäger der Nacht
von Andy Fukuda

Bewertet mit 4 Sternen

Mit "Die Jäger der Nacht" hat Andrew Fukuda im Bereich der dystopischen Fantasy einen eher ungewöhnlichen Auftaktband vorgelegt. Es handelt sich hierbei um den 1. Teil einer als Triogie angelegten Reihe, empfohlen ab einem Lesealter von ca. 14 Jahren.

Zum Inhalt:

In einer genetisch veränderten Zukunft lebt der 17-jährige Gene in stetiger Angst vor Entdeckung. Er hat ein großes Geheimnis und läuft ständig Gefahr entdeckt zu werden. Deshalb ist er bis aufs Äußerste bemüht, seine wahre Identität bedeckt zu halten.

Denn er ist ein Mensch, ein sogenanntes "Hepra" inmitten einer Gesellschaft voller Bestien, mitten in einer Welt voller blutrünstiger Vampire, die nur rein äußerlich den Menschen gleichen. Diese "Leute“, wie sie sich selbst nennen, brauchen keinen Schlaf, verspüren keine Kälte und zeigen auch sonst keinerlei menschliche Gefühle oder Regungen. Sie ernähren sich von Fleisch und Blut und machen am liebsten Jagd auf Menschen wie ihn.

Und ausgerechnet ihm wird durch ein zweifelhaftes Losglück die scheinbare Ehre zuteil, an einer legendären "Hepra-Jagd" teilzunehmen – natürlich auf der Seite der Jäger. Er wird zusammen mit acht weiteren Jägern ins Hepra-Institut gebracht und dort auf die kommende Jagd vorbereitet. Durch einen folgenschweren Fehler wird  er allerdings selbst vom Jäger zum Gejagten und eine atemberaubende Hetzjagd beginnt …

Das Cover:

Das Cover finde ich sehr schön - es wirkt zwar etwas düster, aber auch verträumt und bietet noch einen schönen Lichtblick durch die Silhouette des Mädchens vor der Sonne. Allerdings darf man hier tatsächlich nicht vom Cover auf den Inhalt schließen, denn dieser ist zwar durchaus phantastisch, jedoch keineswegs verträumt und harmlos, sondern überwiegend düster, auch oft trostlos und durchaus brutal. Meines Erachtens nicht die beste Wahl.

Meine Meinung:

Diese Dystopie wird in der Gegenwartsform erzählt, immer aus Sicht der männlichen Hauptfigur der zugleich auch der Ich-Erzähler ist. Dadurch erlebt man wirklich alles hautnah mit. Sein Überleben hängt schließlich davon ab, sich möglichst unauffällig unter ihnen zu bewegen. Er hat diese abstoßende Spezies studiert, ist ein Meister des Versteckens geworden. Nahezu perfekt angepasst lebt er mitten unter ihnen, beinahe unsichtbar, immer bemüht nicht ihr Aufsehen zu erregen. Eine einzige falsche Geste, eine unkontrollierte Gefühlsregung, schon ein Lachen könnte ihn als sogenanntes "Hepra“ verraten und damit wäre sein Leben von einer zur anderen Sekunde verwirkt. Denn wenn sie ihn als Mensch entlarven, gibt es für ihn kein Entkommen.

Obwohl es sich ja um eine Jugendbuch handelt, würde ich das Buch etwas empfindlicheren Gemütern nicht wirklich empfehlen. Dafür sind doch teils etwas blutrünstige und auch brutalere Stellen im Buch zu finden. Da die überwiegende Zahl der Bevölkerung aus den blutgierigen, vampirähnlichen Geschöpfen besteht, handelt auch ein Großteil der Geschichte von ihnen. Sie sind gefühllose, kalte Raubtiere in Form von Menschengestalt - wer herkömmliche Vampirklischees erwarten sollte, wird hier sicher enttäuscht werden.

Die Geschichte hatte zu Anfang für mich etwas zu wenig Spannung, das muss ich zugeben. Man wird in den Alltag von Gene hineinkatapultiert und ich hatte da ein paar gefühlte Längen. Bald aber schaffte es der Autor schon, einen schönen Spannungsbogen aufzubauen, den er problemlos über 400 Seiten halten konnte und der mich für den Beginn doch mehr wie entschädigte.

Was mich persönlich etwas gestört, ja vielleicht sogar empört und enttäuscht hat, war der recht oberflächliche Charakter des Hauptprotagonisten, der über 2/3 des Buches tatsächlich eher egoistisch und gewissenlos wirkt. Man kann es natürlich den (Über-)Lebensumständen zuschreiben, aber ein gewisses Mitgefühl für seine eigene Art & Rasse wäre schön gewesen. Er kann sich so überhaupt nicht mit den gefangenen Hepra identifizieren, sondern hält sie genauso wie die "Leute" für dumm und geistig zurückgeblieben. Das wurde ihm allerdings auch ein Leben lang vorgemacht. Leider entwickelt er wirklich erst ganz zum Schluss des Buches so etwas wie ein Gewissen und Mitgefühl.

 Nichtsdestotrotz bewundere ich den Autor für seine einzigartige Idee und die im Großen und Ganzen wirklich gelungene Umsetzung. Die Vorstellung ist ja schon echt krass - die Menschheit als Minderheit und unterlegene Rasse, gefangen gehalten wie Vieh von einer genveränderten blutrünstigen Spezies - das verspricht ja schon Gänsehaut pur. Tatsächlich habe ich mit dem Buch eine kleine Gefühlsachterbahn erlebt - von Ekel über Grusel, Angst und Schrecken, aber auch viel (Mit-)Gefühl, ja sogar Freude & Liebe war wohl alles dabei. Sein Schreibstil ist flüssig, packend, spannungsgeladen und auch einfühlsam. Es sind auch ein paar wirkliche Highlights und interessante Wendungen in der story. Der wirklich spannende Schluss sorgt zusammen mit einer unglaublichen Überraschung schlussendlich für ganz viel Lust auf mehr.

Mein Fazit:

Mit diesem 1. Band hat es Andrew Fukuda durchaus geschafft mich zu fesseln und über weite Strecken mit ordentlich Spannung zu unterhalten. Am Anfang noch etwas zäh, entwickelte sich die story schnell in einem schönen, stetigen Spannungsbogen weiter bis sie zum Ende in einem wirklich gemeinen Cliffhanger endet. Dies lässt natürlich viele Möglichkeiten für die Folgebände offen. Lesen werde ich den 2. Band definitiv, das steht nicht in Frage. Ein Stern Abzug gibt es allerdings für die meines Erachtens teils zu brutalen Schilderungen in einem Jugendroman, den kleinen Längen und der etwas oberflächlichen Handlungsweise der Hauptfigur.