Rezension

Genialer historischer München-Krimi im Kolorit der Prinzregenten Zeit

Der falsche Preuße - Uta Seeburg

Der falsche Preuße
von Uta Seeburg

Bewertet mit 5 Sternen

Preußisch-bayrischer Lebensgenuss trifft auf Lebenskünstler der besonderen Art

München 1894-, 

der preußische Hauptmann der Reserve, Wilhelm Freiherr von Gryszinski erst kürzlich mit seiner Frau Sophie nach München übersiedelt, bekommt es als oberster Kriminalermittler beim königlich bayrischen Gendarmeriekorps gleich mit einem ziemlich verzwickten Mordfall zu tun! Nördlich des Maximilianeums in den Maximilians-Anlagen wird eine Männerleiche aufgefunden, mit zerschossenen Kopf, in Unterwäsche, nur bekleidet mit einem skurrilen Federmantel. Gryzinskis erster Tote im neuen Job stellt den leidenschaftlichen Spezialermittler vor ein großes Rätsel.

Im Kriminalroman „Der falsche Preuße" von Autorin Uta Seeburg, bekommt es der Leser mit einem original Preußen in München zu tun, der die Vorzüge der bayrischen Metropole aber wohl zu schätzen weiß! Es ist verführerisch die Stadt und ihren damaligen Zustand einmal durch die Augen dieses sympathischen Berliners zu betrachten:) Überhaupt bekommt der Leser im Buch viel geboten, angefangen vom Familienleben, über die Gebräuche, den Zeitgeist und die Vorlieben der damaligen Gesellschaft! 
Am allermeisten dabei, haben mich die außergewöhnlichen kulinarischen Highlights im Buch fasziniert! Die Vorstellung von Blutenten, Fettammern und Fasan zum Dinner, oder schnell mal unter der Woche Kapaun, Hummer, Kaviar oder Austern aufzutischen, würde uns heutzutage unglaublich hochtrabend und dekadent vorkommen. Auch wenn die Auswahl auf dem Viktualienmarkt immer noch enorm ist, wird man sich mit der Beschaffung einiger der erwähnten kulinarischen "Köstlichkeiten" schwertun, das fängt sicherlich schon mit dem sauren Lüngerl an;) 
Besonders gelungen sind auch die Kapitel mit ihren passenden Passagen aus dem Handbuch für Untersuchungsrichter, Polizeibeamte und Gendarmen usw. von Hans Groß, 1. Auflage 1893, einem großen Vorbild unseres Ermittlers. Ein wirklich amüsanter Einfall. Überhaupt wird großer Wert auf die korrekte und neueste Tatort und Spurensicherung gelegt!
Man spürt die Figuren sind allesamt mit viel Liebe und Sorgfalt gewählt oder erdacht, großartig charakterisiert und beschrieben. Man bekommt sogleich ein Bild vor Augen und hat keine Probleme sich die einzelnen Personen zu merken, wirklich außergewöhnlich. Eine flüssiger Schreibstil und der außergewöhnlich gestrickte Mordfall lassen die Seiten dahinfliegen.

Dieses grandiose Krimidebüt mit seinen vielen Anekdoten, Ereignissen und Eindrücken, die fast alle historischen Fakten entsprechen, ist einfach ein Genuss! Habe mich hervorragend unterhalten, mitgefiebert und gerätselt! Eine herrliche Zeitreise, wäre nur zu gerne mit am Tisch gesessen und hätte mich von der sensationellen Köchin Frau Brunner verwöhnen lassen oder einmal durch das sagenhafte Labyrinth der Lembke-Villa gestreift:) Für Krimifans und Liebhaber historischer Romane gleichermaßen zu empfehlen. Freue mich schon auf weitere Fortsetzungen dieser Serie.