Rezension

Genre verfehlt

In tiefen Schluchten - Anne Chaplet

In tiefen Schluchten
von Anne Chaplet

Bewertet mit 2 Sternen

Tori Codon, 42 Jahre alt, Patentanwältin im Ruhestand und verwitwet, lebt im Süden Frankreichs. Am Fuße der Cevennen haben ihr Mann Carl, der an einem Hirntumor erkrankt war, und sie ein Haus gefunden. In direkter Nachbarschaft zur Kirche scheint es das älteste Haus im kleinen Dorf Belleville zu sein. Nach dem Tod Carls versucht Tori nun, sich in die Dorfgemeinschaft einzufügen. Als ein holländischer Urlauber verschwindet und sich scheinbar niemand für seinen Verbleib interessiert, wird Tori stutzig. Bald darauf stürzt einer der ältesten Einwohner unglücklich die Kellertreppe hinab und stirbt, nachdem er Andeutungen über ein lange gehütetes Geheimnis rund um die Einwohner von Belleville gemacht hat. Zufall?

Anne Chaplet ist es mit ganz besonders detaillierten Beschreibungen über die Landschaft, die reiche Pflanzenvielfalt und die rauen Charaktere der Menschen gelungen, mich in die Geschichte zu ziehen. Man spürt förmlich die Liebe zur Gegend, ein persönlicher Bezug wird auch im Dankeswort erwähnt. Ebenfalls eine Besonderheit des Buches sind die vielen geschichtlichen Informationen. Die Hugenotten waren ein Thema ebenso wie der Zweite Weltkrieg und die Besetzung Frankreichs. Aber genau diese geschichtlichen Hintergründe haben „In tiefen Schluchten“ weit weg vom Genre Krimi gedrängt. Es gab Geheimnisse, die um jeden Preis gehütet werden sollten, es gab Tote, die im Zusammenhang mit der Vergangenheit standen und es gab sicher auch spannende Momente, aber ein Kriminalroman ist dieses Buch nicht. Hier hat man sowohl mit dem Untertitel als auch mit dem Klappentext wohl weder der Autorin noch den künftigen Lesern einen Gefallen getan. In die Irre geleitet, wird es mit Sicherheit für die ein oder andere Enttäuschung sorgen. Für Liebhaber Frankreichs und geschichtlicher Hintergrundinformationen ist dieses Buch sicher zu empfehlen. Freunde der Kriminalliteratur sollten ein anderes Buch wählen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 06. September 2017 um 20:15

Aber gerade solche Krimis sind doch toll! Es geht nicht in erster Linie um das Verbrechen, aber es kommt drin vor, eingewickelt ins Lokalkolorit. Das Gedächtnis der Insel von Christian Buder ist z.B. auch so und ich fand es super!

 

Buchliese kommentierte am 06. September 2017 um 20:20

Dann würde ich dir das Buch gern schenken. Ich hab es aus einer Leserunde und geb es wirklich gern weiter! Nur deine Adresse fehlt. ;-)

wandagreen kommentierte am 06. September 2017 um 20:28

Ist es denn sonst schön? Abgesehen davon, dass es eben kein "richtiger" Krimi ist? Wie würde dir wohl "Acht Berge" gefallen von Paolo Cognetti, das aber nicht vorgibt, ein Krimi zu sein. (Ich verschenke es nicht, es ist zu toll).

Buchliese kommentierte am 06. September 2017 um 20:32

Ja, vielleicht noch hier und da etwas. Aber das wäre dann wirklich kleinlich. 

Ich würde "Acht Berge" auch gar nicht nehmen, hab ich noch hier liegen. Machst du auch bei der Leserunde bei LB mit? 

wandagreen kommentierte am 06. September 2017 um 20:34

Ja. Und ich bin hin und weg. Ich bin beim ersten Leseabschnitt. Ist ganz klar, dass so ein Bergbuch nicht jedermanns Geschmack ist, aber bei mir werden da ganz viele Erinnerungen wach und ich liebe es!

Buchliese kommentierte am 06. September 2017 um 20:38

Ich les noch schnell "Mensch, Rüdiger!" und dann bin ich auch dabei. Freue mich schon!