Rezension

Geschichte einer ungewöhnlichen Verbindung

Ich komme mit - Angelika Waldis

Ich komme mit
von Angelika Waldis

Vita Maier und Lazar Laval wohnen in einem Haus. Er zieht dort als kleiner Junge mit seinem Vater ein, sie lebte dort gefühlt seit Ewigkeiten mit ihrem Mann Jakob und Sohn Moritz. Sie hatten nichts miteinander zu tun. Was auch, wenn die ältere Dame aus irgendeinem Grunde nicht gerade als Ersatz-Omi bei den Lavals eingesprungen wäre, welche Anknüpfungspunkte hätte die beiden haben sollen? Dann ging Lazar auf ein Internat, Vita hatte ihn fast vergessen. Nach dem Tod des Vaters erbt er die Wohnung und kehrt zurück. Vita bemerkt dies, registriert die roten Turnschuhe im Flur, die beiden Studenten, die dort leben, erkennt irgendwann den Jungen von damals – und sieht, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmt, es ihm offensichtlich nicht gut geht. Und sie nimmt sich seiner an, sie hat ja Zeit. Außer ihrem kleinen Job bei einer Hilfsorganisation hat sie nicht viel zu tun. Aus einer anfangs etwas angestrengt wirkenden Sache wird nach und nach eine Freundschaft, die beiden mögen einander und brauchen einander, der zwanzigjährige, kranke Lazar und die über siebzigjährige, körperlich eigentlich bis auf eine altersbedingte Arthrose und geistig noch voll auf der Höhe seiende Vita. Beide sind auf unterschiedliche Arten sehr einsam und wissen nicht so genau, was das Leben ihnen noch bieten soll, was sie noch vom Leben erwarten sollen – oder wollen. Sie teilen fortan ihren Alltag, ihre Sorgen, unternehmen eine Reise und fassen einen Entschluss.

 

Angelika Waldis erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen, tiefen Verbundenheit und Freundschaft zwischen diesen ungleichen Menschen, die doch soviel miteinander teilen können. Sie unterstützen einander, sind füreinander da. Insbesondere ihre Gedanken, in Form von „Leben ist….“ bringen ihre Gefühle und Überlegungen zum Ausdruck.

Dabei kommt ein von mir sehr geschätztes Mittel zum Trage – ein stetiger Perspektivwechsel, der der Autorin auch sprachlich wirklich gut von Lazy zu Vita und wieder zurück gelingt, jedem der beiden gibt sie eine eigene Stimme, nicht nur dadurch, dass seine Parts in der Ich-Form, ihre in der dritten Person verfasst sind.

Und eigentlich ist das auch alles rund, und durchdacht – aber es hat mich beim Lesen nicht ein einziges Mal angerührt. Die ganze Geschichte hat mich einfach sehr kalt gelassen. Schöne Sätze, kluge Sätze gibt es einige, zuvorderst immer wieder „Leben ist…“, aber nichts davon besitzt für mich eine tiefgehende Emotionalität, Empathie war bei mir nicht vorhanden. Und so richtig ist mir das erst nach dem Lesen aufgefallen und dann fand ich es merkwürdig, im Sinne von, das hätte ich im Nachhinein nicht erwartet, da das Buch doch ein solch hochemotionales Thema behandelt.

Fazit: eigentlich stimmt hier alles für mich – bis auf die Wirkung auf den Leser. Daher bleibt das Buch leider für mich enttäuschend flach und schöpft an dieser Stelle sein Potential nicht aus. Ideal wären hier wieder halbe zu vergebende Punkte: 3,5 von 5 – da das nicht geht, runde ich auf 4 auf, weil ich Idee und Stil ansonsten sehr gut fand.