Rezension

Geschichte zum Anfassen!

Das Haupt der Welt - Rebecca Gablé

Das Haupt der Welt
von Rebecca Gablé

Inhalt 
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In "Das Haupt der Welt" dreht es sich im Jahre 929 zunächst um den slawischen Fürstensohn Tugomir. Gemeinsam mit seiner Schwester Dragomira wird er nach der Einnahme seiner Heimatfestung gefangen genommen. Als Geisel sind sie das Druckmittel, um sicherzustellen, dass sich ihre Familie weiterhin unterwirft. Während sich Dragomira schnell ihrem Schicksal fügt, ist Tugomir widerspenstiger. Er weigert sich seine Gefangenschaft unter den Sachsen zu akzeptieren und verfällt in tiefe Depressionen. Doch gerade seine Begabung des Heilens rettet ihn aus dem dunklen Loch. Mit der Zeit wird es unerheblicher, ob sein Patient der Feind, oder doch einfach nur ein Mensch ist. Alles ändert sich, als Tugomir Prinz Ottos Leben rettet. Daraus entwickelt sich eine seltsame und lang anhaltende Freundschaft. Dennoch befindet sich Tugomir noch immer in einem Käfig. Bis ihn Otto um einen folgenreichen Gefallen bittet...

Mein Eindruck
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Für mich war es das erste Buch von Rebecca Gablé, wenn ich auch schon eine Menge über ihre Bücher gehört habe. Doch bisher hatten die dicken Schinken immer eine leicht abschreckende Wirkung auf mich. Wie soll es möglich sein, über 900 Seiten lang den Leser zu fesseln und Spannung aufrechtzuerhalten? Schon nach wenigen Kapiteln habe ich gemerkt, dass Rebecca Gablé gerade darin eine wahre Meisterin ist. 

Die Autorin schafft es, Fakten der Geschichte mit freier Erzählung zu vermischen und eine ganze Epoche zum Leben zu erwecken. Man hat nie das Gefühl, dass man mit geschichtlichen Fakten erschlagen wird. Stattdessen taucht der Leser in wechselnde Erzählperspektiven ein und erlebt ein Stück Geschichte, als würde es sich gerade eben erst abspielen. Ausgangspunkt und immer wiederkehrend ist der Konflikt zwischen slawischen Völkern und den Sachsen. König Heinrich I versucht das damalige deutsche (sächsische) Königreich gegen den Ungarn zu sichern. Die slawischen Völker bilden einen Grenzstreifen, wieder und wieder werden sie unterworfen, um ein Bollwerk der Verteidigung zu bilden. So kommt es auch, dass Fürstensohn Tugomir und Dragomira in Gefangenschaft geraten.

König Heinrich I hatte mehrere Söhne, die als Thronfolger infrage kommen. Als es schließlich so weit ist, besteht die größte Herausforderung für seinen Nachfolger darin, sein Reich zu halten. Treue ist verschwörerisch, heute geschworen und morgen schon gebrochen. Eine Lektion, die Otto immer wieder lernen muss. Tugomir bleibt dabei über Jahre an seiner Seite. Erst als Gefangener, dann als sein Retter und später als Freund in Ketten. Es war für mich überaus spannend zu lesen, wie sich die Verhältnisse zwischen den Charakteren entwickeln. Für mich ist das eine der größten Stärken des Buches, es gibt zwar viele Perspektiven, doch sie liegen nah beieinander und bringen ohne zu verwirren den Plot vorwärts. Dadurch kommt keine Langeweile oder Zähigkeit auf. Im Gegenteil, mir war es kaum möglich, das Buch wegzulegen.

Endet das eine Kapitel mit einer Verschwörung, kommen sich im Nächsten endlich bestimmte Charaktere näher. Dann gilt es wieder Krankheiten zu heilen und Kriege zu gewinnen. Es entwickelt sich ein richtiger Lesesog, der einem die 860 Seiten wesentlich kürzer erscheinen lässt, als sie sind. Nur im letzten Drittel des Buches hatte sich der Plot recht häufig wiederholt. Allerdings beruhen diese Entwicklungen auf wahren Begebenheiten, wie die Autorin noch in ihrer Nachbemerkung erklärt. Für meinen Geschmack war später so manche Schlacht zu schnell abgehandelt. Erst steht der Kampf bevor, dann wechselt auf einmal die Perspektive und man erfährt, wie er ausgegangen ist. Gegen Ende kam mir das etwas zu oft vor.

Fazit
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"Das Haupt der Welt" ist Geschichte zum Anfassen, mit einer durchgehend interessanten Hauptstory und jeder Menge spannender Nebenstränge. Rebecca Gablé erweckt dadurch ganze Jahrzehnte plastisch zum Leben. Besonders hat mich beeindruckt, wie enorm mich die Autorin gefesselt hat und ich oft  deutlich länger gelesen habe, als ich hätte tun sollen. Nur zum Ende hin hat meine Faszination leider etwas nachgelassen. Zum Teil lag das an Wiederholungen der Geschichte und zu kurz abgehandlten Szenen. Der 10. Verrat ist einfach nicht mehr so spannend, wie der Erste. Nichtsdestotrotz, für mich wird es sicherlich nicht das einzige Buch von Rebecca Gablé bleiben!