Rezension

Geschicktes Spiel mit unseren eigenen Ängsten

Die Lieferung - Andreas Winkelmann

Die Lieferung
von Andreas Winkelmann

Bewertet mit 5 Sternen

Und wieder ein neuer Thriller von Andreas Winkelmann, einem Autor, der mich von Buch zu Buch weiter packt und begeistert. Er spielt auch hier wieder gekonnt mit unseren eigenen Ängsten.

Bei dieser Neuerscheinung jongliert Winkelmann in besonderer Weise mit Albträumen, die den Leser deshalb so intensiv packen, weil jeder sie sich in seinem eigenen Leben vorstellen kann. Sich verfolgt zu fühlen. Nichts tatsächlich zu sehen, keinen konkreten Verdacht zu haben. Sondern ausschließlich das Gefühl zu haben, dass da ein Schatten ist, immer da, immer beobachtend, und doch unsichtbar. Und niemand glaubt Viola, der genau dies geschieht.  Der engagierte Kommissar Jens Kerner hat es mit einem seltsamen Vorfall zu tun. Denn es wird eine verstörte und halb verhungerte Frau aufgegriffen. Vermutlich wurde sie jahrelang gefangen gehalten.  Bevor er sie verhören kann, stirbt sie. Es gibt weitere Vermisstenfälle und noch eine Tote. Zusammen mit der scharfsinnigen Kollegin Rebecca und ihrer besonderen Fähigkeit, sich jedes einmal gesehene Gesicht einprägen zu können, gerät Jens Kerner ohne es zu ahnen dem perfiden Täter so nahe, dass alle in unglaubliche Gefahr geraten.

Wie immer gelingt es Andreas Winkelmann, von der ersten Seite an den Leser zu packen und nicht mehr loszulassen, bis die letzte Seite umgeschlagen ist. Dunkle, Angst auslösende Szenen oder  durch das Geschehen ausgelöste Schrecksekunden intensivieren zusätzlich das Leseerleben. Überhaupt spielt der Autor gekonnt auf der gesamten Klaviatur der Möglichkeiten eines Autors: Gruselige, humorvolle, nachdenkliche, ernste und extrem spannende, actionreiche Szenen wechseln sich ab und machen das Lesen zu einem besonderen Lesegenuss. Der Autor schreibt fesselnd, flüssig und lebendig und verfällt glücklicherweise nicht dem derzeit so sehr in Mode gekommenen Stilmittel der szenisch zerhackten Erzählweise. Zwar gibt es Perspektivwechsel, aber für den Leser bleibt die Handlung stets folgerichtig nachvollziehbar bis zum fulminanten Ende. Keine aufgeblasene, künstlich konstruierte, unnötig komplizierte Geschichte, keine schrägen oder seelisch beschädigten Ermittler, sondern bedrohlich realistisch geschilderte Geschehnisse, ein geschicktes Spielen mit Ängsten, die wir alle kennen. Absolute Leseempfehlung, allerdings nichts für ängstliche Gemüter.