Rezension

Geschwister

Libellenschwestern - Lisa Wingate

Libellenschwestern
von Lisa Wingate

Bewertet mit 5 Sternen

„Seltsam, wie man sich an Dinge gewöhnt, auch wenn sie noch so furchtbar sind.“

Memphis, Tennessee, 1939. Die Familie Foss lebt auf einem Hausboot auf dem Mississippi. An einem Abend muss die zwölfjährige Rill Foss auf ihre vier jüngeren Geschwister aufpassen, weil ihr Vater ihre Mutter ins Krankenhaus bringen muss, da es bei der Geburt ihrer Zwillinge Probleme gibt. Plötzlich tauchen Polizisten auf, die die Kinder in ein Waisenhaus bringen, wo sie schreckliche Dinge erleben und getrennt werden. Kann Rill ihre Geschwister beschützen und ihre Eltern wiederfinden?

Rills Geschichte berührt. Zunächst die ärmlichen Verhältnisse auf dem Hausboot, die trotzdem eine große Wärme und Liebe ausstrahlen, dann die Zustände im Waisenhaus, das Verhökern der Kinder an reiche Eltern, Rills harter Kampf um ihre jüngeren Geschwister. Das Buch erzählt in aufeinanderfolgenden Kapiteln einmal die Erlebnisse der Kinder in 1939 und dann die Geschichte im Heute, in der die Politikertochter Avery Stafford bei einem Besuch in einem Altenheim auf May trifft, die in einem Libellenarmband, das Avery trägt, ein altes Familienerbstück erkennt. Warum hat May Fotos, auf denen Avery ihre Großmutter Judy erkennt? Die Suche nach der Wahrheit ist spannend zu verfolgen, gleichzeitig sind die Erlebnisse der Kinder fast unerträglich.

Das Buch ist berührend und gut geschrieben. Die Geschichte ist aufwühlend. Ich habe sowohl Rills Geschichte als auch Averys Nachforschungen sehr gerne gelesen und mit den Figuren mitgelitten. Die Erkenntnis, dass die geschilderten Erlebnisse tatsächlich wahr sind, lässt einen das Buch mit noch mehr Wut lesen. Die Children’s Home Society und Georgia Tann betrieben ihr Geschäft mit gestohlenen Kindern bis in die 1950er Jahre. Zahlreiche Kinder wurden ihren Eltern unter fadenscheinigen Gründen weggenommen und zur Adoption freigegeben, wofür sich die Frau gut bezahlen ließ.  Eine schreckliche Vorstellung.