Rezension

Gewinnt erst durch den Schluss

Honig - Ian McEwan

Honig
von Ian McEwan

Der Roman startet unaufgeregt. Zunächst stellt uns McEwan seine weibliche Hauptfigur Selma vor. Jung ist sie und hübsch und auch ein wenig naiv. Halbherzig lässt sie sich auf ein Mathestudium ein, obwohl sie sich eigentlich für Literatur begeistert. Und so schlittert sie weiter durch die Handlung, beginnt die eine und andere Affäre und gerät schließlich an einen Job beim britischen Geheimdienst MI5. Die Welt um sie herum ist geprägt durch den kalten Krieg. Unversöhnlich stehen sich die Ideologien aus Ost und West gegenüber. Vor diesem Hintergrund wird das Geheim-Projekt 'Honig' ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist Einfluss auf die literarische Szene zu nehmen, um Werke zu fördern, die gegnerische Ideologien unterwandern sollen.

Und da Selma nicht nur sehr hübsch ist, sondern auch sehr belesen, wird sie beauftragt einen jungen aufstrebenden Autoren unter ihre Fittiche zu nehmen. Es kommt wie es kommen muss, die junge Frau verliebt sich in den Mann und er sich in sie. Eine Liebesgeschichte beginnt, die vor allem den Gewissenskonflikt Selmas thematisiert.

McEwan verbindet hier zwei Ideen: eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund einer Spionagestory und die grundsätzliche Frage, inwieweit sich Kunst instrumentalisieren bzw. durch Politik und Geld beeinflussen lässt.

Eigentlich könnte das alles recht spannend sein und doch zündet der Roman nicht so richtig. Die Titelfigur Selma bleibt einfach zu passiv. Sie ist und bleibt die naive Schöne, die nicht so richtig weiß, was sie aus ihrem Leben machen soll. So treibt sie hilflos auf den finalen Konflikt zu, ohne Perspektive ihm ausweichen oder ihn lösen zu können.

Doch dann kurz vor Schluss lässt McEwan zum Glück doch noch ein kleines Feuerwerk los, das die bisherige Perspektive ein wenig durcheinander wirbelt - und Leser wie mich (die sich bis dahin in ihrer hohen Erwartungshaltung einem McEwan-Roman gegenüber ziemlich enttäuscht sahen) ein wenig entschädigt.

So bleibt nach Ende der Lektüre von 'Honig' immerhin der Eindruck einen ganz netten Roman gelesen zu haben. Für einen Roman aus McEwans Feder ist mir das persönlich aber doch ein wenig zu wenig.