Rezension

Gier gegen Hoffnung

Der Auserwählte - Hermann Knapp

Der Auserwählte
von Hermann Knapp

Bewertet mit 5 Sternen

In einem leichten Ton wird erzählt, wie Gier gegen Hoffnung und den Plan von der Rettung der Welt ausgespielt werden.

Dieses Buch verdient 6 von 5 Punkten.

 

Der Hauptprotagonist Sammer wurde von Gott auserwählt, um eine Botschaft zu verbreiten, und es ist ihm, dem Leser und den beteiligten Personen die ganze Zeit klar, dass sowas nicht sein kann.
Bei der Geburt vom Blitz getroffen, lebte er immer schon mit dem Verdacht seiner Eltern, er sei zu etwas Besonderem bestimmt, aber erst im Alter von 52 Jahren beginnt das Leben des Journalisten, sich entscheidend in ein besonderes zu verwandeln: Die ungewöhnlichsten Dinge geschehen, und Knapp schafft es, sie real und unmöglich gleichzeitig scheinen zu lassen.

 

Das ist eine schier unglaubliche Stärke in diesem Buch.
In einem leichten Ton wird erzählt, wie Gier gegen Hoffnung und den Plan von der Rettung der Welt ausgespielt werden, wie zu diesem Zweck eine Hütte aus dem Nichts in der Wüste erscheint, um Hungernde zu speisen, wie Menschen im Asphalt Wurzeln schlagen, wie immer wieder eine Stimme mit Sammer spricht, wie allen Beteiligten klar ist, dass alles, was in diesem Buch so erzählt wird, als würde das nunmal gerade passieren, nicht sein kann, wie Sammer an seinem eigenen Verstand zweifelt, obwohl er weiß, dass er das gerade erlebt...

 

Und nach einer spannenden Erzählung, in der mir besonders der Humor der Stimme (Gott? Wird das noch aufgelöst?) gefällt, setzt der Autor noch einen drauf: Er sieht länderübergreifende Demonstrationen voraus, gegen die Ausbeutung der armen Länder. Das schafft einen sehr aktuellen Bezug zu den Fridays For Future-Demonstrationen! Die Reichen (Einflussreichen) allerdings lassen sich nicht von einem vermeintlichen Gott ins Bockshorn jagen.

Sie bekommen ihre eigene Antwort.
 

Es gibt einige Diskussionen – darum , wie es wohl möglich ist, dass Sammer rund um den Erdball jeden Fernsehzuschauer in seiner Sprache ansprechen kann, oder darum, ob der Auserwählte mehr hätte geschützt werden müssen -, die wunderbar ausgearbeitet sind. Und bald schon nähert sich der Roman seinem Showdown: Gewinnt die Gier oder die Hoffnung?
Man ahnt mit Sammer, dass kein Happyend aus dem Ärmel geschüttelt werden kann.

 

Das Ende des Romans ist stimmig. Und jeder der drei Epiloge ist unverzichtbar, ebenso wie jede Seite dieses >400-Seiten-Schmökers.