Rezension

Gigantisch gute und spannende Fantasy ...

Das Lied der Krähen - Leigh Bardugo

Das Lied der Krähen
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 5 Sternen

In den Straßen von Ketterdam kämpfen einige Banden um die Vorherrschaft ihrer Gebiete und darunter auch, der schlaue Kaz und seine Krähen. Geschickt intrigiert er, führt selbst seine Leute an der Nase rum und tappt doch selbst in eine Falle. Die Kaufmannsgilde tritt unter ungewöhnlichen Mitteln an ihn heran und hat einen besonderen Auftrag für ihn. Er soll hoch in den kalten Norden nach Fjerda, wo Schnee und Eis regieren und in die uneinnehmbare Festung einbrechen und einen Gefangenen befreien. Dieser Gefangene hat nämlich ein Mittel erfunden, der das komplette Reich ins Verderben stürzen könnte. Da der Kaufmannsrat weiß, das Kaz nicht mit heroischen Gedanken zu packen ist, bietet man ihn viel Geld, sehr viel Geld, womit er ein neues Leben beginnen könnte. Eine unlösbare Aufgabe, aber Kaz wäre nicht Kaz, wenn er nicht schon einen Plan im linken Ärmel hätte. Nun heißt es, eine Mannschaft zu finden und das Abenteuer beginnen zu lassen. Wird er die passenden Leute finden? Kann sein Plan überhaupt funktionieren? Und was wird ihn erwarten?

Obwohl ich ihre Grischa Trilogie besitze, aber diese immer noch nicht gelesen habe, wollte ich auch unbedingt ihr neustes Werk lesen. Immerhin ist die Frau hochgelobt und steht für gute Fantasy. Aber allein die Beschreibung von ihren sechs Helden ist so klasse gewählt, das man neugierig wird und einfach mit ins Abenteuer springen möchte. Ich habe es getan und bin als blinder Passagier mit ans Bord gegangen, ob mir die Reise gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Die Geschichte fängt auch direkt turbulent und geheimnisvoll an. Wir erleben mit, was dieses Mittel, des Wissenschaftlers, auslöst und welche Grausamkeit damit zutage gebracht wird. Und in der nächsten Szene stehen wir mitten in den Straßen von Ketterdam und erleben eine Bandenschlacht mit. Es ist wie ein Kaleidoskop bunt, wild, die Orientierung fehlt und man muss sich erst mal am Rand festhalten, damit sich die Welt ein bisschen langsamer dreht. Zuerst dachte ich, damit komme ich nicht klar und das wird harte Arbeit. Beziehungsweise hatte ich dann doch die Befürchtung, dass ich vielleicht besser die Grischa Reihe gelesen haben sollte. Aber ein Blick ins Regal beruhigte mich, denn es sind andere Figuren, nur die Welt ist die Gleiche und in dieser findet man sich doch dann sehr schnell zurecht.

Die Geschichte wird nicht allein von Kaz erzählt, der zwar der Anführer und auch ein bisschen die Hauptperson ist, aber es wechselt dann ständig zwischen seinen „Freunden“ oder besser „Verbündeten“ ab. Dieser Schachzug der Autorin ist verdammt gut gewählt, denn obwohl ihre Figuren noch sehr jung sind, tragen sie schon viele Wunden und ihre Augen, haben das Leid der Welt gesehen. So hat jeder seine eigene Geschichte und eigene Beweggründe, die man durch ihre Sicht besser kennenlernt und versteht. So wird jede Figur plastischer, greifbarer und man entwickelt Vorlieben. Ich muss gestehen, ich bin ein Fan tragischer Liebesgeschichten und hier stehen sich Nina, die Magierin und Matthias, der Hexenfänger gegenüber und haben sich sehr schnell in mein Herz geschlossen. So wurden natürlich ihre Kapitel in rasanten Zügen verschlungen. Aber jeder hat was, keiner ist uninteressant oder langweilig. Jeder hat seine eigene Sprache und trägt zum Abenteuer bei. Ich glaube, diese Figuren und ihre erzwungene Zweckgemeinschaft sind der Kern der Geschichte und auch das Highlight.

Aber auch ihre Aufgabe ist nicht von der Hand zu weisen. Allein durch die Karten im Buch ist man schon über die unlösbare Aufgabe informiert, aber dann jeden Schritt mitzuverfolgen ist der absolute Hammer. Immerhin sollen sie in einen Hochsicherheitstrakt einbrechen, dort den Wissenschaftler befreien und wieder abhauen. Es ist noch niemanden gelungen dort einzubrechen und dann wollen unsere Sechs das einfach Mal eben machen. Ein Team, was sich nicht kennt, zusammenwachsen muss, sich eigenen Konflikten stellen muss und so für viele Überraschungsmomente sorgt. Die Spannung baut sich von Anfang an stetig auf und lässt einen das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, weil es einfach unerträglich wird. Besonders gut hat mir gefallen, dass es nicht abnimmt, dass die Autorin dieses hohe Level einfach beibehält und zum Schluss in einen Cliffhanger enden lässt. Rasende Ungeduld ist nun mein Gefährte, bis der zweite Band erscheint.

Leigh Bardugo hat mich absolut begeistert und mir gezeigt, wie großartig sie erzählen kann. Sie hat nicht nur einen Fantasyroman geschrieben, sondern ein Abenteuer erzählt, mit erstklassigen Charakteren. Starke Figuren und so außergewöhnlich individuell, dazu noch einen herzerfrischenden bösen Humor und eine Welt, die einfach zum Entdecken einlädt. Ich mußte mich den begeisterten Stimmen einfach anschließen und unbedingt diese Achterbahnfahrt lesen.