Rezension

Glaube, Aberglaube, Naturwissenschaft, Liebe

Die Schlange von Essex - Sarah Perry

Die Schlange von Essex
von Sarah Perry

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

London im Jahr 1893. Nach dem Tod ihres Mannes verlässt Cora Seaborne die Hauptstadt und reist gemeinsam mit ihrem Sohn Francis in den Küstenort Aldwinter. Als Naturwissenschaftlerin und Anhängerin der provokanten Thesen Charles Darwins gerät sie dort mit dem Pfarrer William Ransome aneinander. Beide sind in rein gar nichts einer Meinung, beide fühlen sich unaufhaltsam zum anderen hingezogen.

Eindruck

Sarah Perry hat einen sehr wort- und bildgewaltigen Schreibstil, der mir hier sehr gut gefallen hat und mich voll in das Setting - Essex im viktorianischen Zeitalter - hineingezogen hat. Es war nah, greifbar, faszinierend und gleichzeitig bedrückend. Denn die Rolle der Frauen war eben nicht die, mit der ich aufgewachsen bin. Umso mehr hat mich beeindruckt, dass die Hauptperson - Cora - nach dem Tod ihres Mannes das gesellschaftliche Korsett sprengen konnte und fortan ihre Interessen auslebte, sowie das Selbstbewußtsein entwickelte, welches nach einer unterdrückenden und gewaltvollen Ehe nicht mehr vorhanden zu sein schien. So war es doch auch nicht verwunderlich, dass sie nicht wirklich getrauert hat und nach kurzer Zeit bereit für einen neuen Mann war - einen verheirateten Familienvater. Somit - vor allem zu der Zeit und für mich auch heute noch - eine Frage der Moral.

Die Kontroverse zwischen diesen beiden - Religion / Naturwissenschaft - kam mir leider zu kurz, denn der Fokus in dieser Geschichte lag eindeutig auf den vielen Facetten der Liebe, wie sie uns begegnet, uns erheben und zerstören kann. Perry hat ein gefühlvoll, emotionales und kompliziertes Geflecht von drei Menschen geschaffen, bei dem man sich die Frage stellen konnte, geht es um den Mythos der Schlange von Essex, handelt es sich um die Schlange aus dem 
Paradies oder einfach um eine Geschichte wie sie tausendfach auf dieser Welt geschieht - Liebe. Und wenn sie drei Menschen in einem Geflecht getroffen hat, ist mindestens einer zuviel und bleibt auf der Strecke.

Viele weitere Protagonisten begleiteten Cora auf ihrem Weg. Zeitweise habe ich mich gefragt, warum und in welcher Form sie für die Geschichte von Bedeutung waren, aber nachdem ich die Geschichte sacken gelassen habe war die Antwort einfach. Auch sie stellten eine Form der Liebe dar und somit waren sie in ihrer Bandbreite wichtig.

Fazit

"Die Schlage von Essex", für mich ein kleines Schätzchen, dass ich mit Sicherheit noch mehrfach lesen werden. Denn die Fragen die man sich stellt sind umfangreich und kompliziert zu beantworten. Liebe, leben und leben lassen, Moral, gesellschaftliche Konventionen - all das findet man in Essex. Sarah Perry ist eine Autorin die ich im Auge behalten werde.