Rezension

Glaube, Liebe, Hoffnung

Das wirkliche Leben - Adeline Dieudonné

Das wirkliche Leben
von Adeline Dieudonné

Bewertet mit 5 Sternen

 

Was für ein furioses Buch!

Adeline Dieudonné nimmt den Leser in ihrem Debütroman „Das wirkliche Leben“ mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle, der Gewalt, des Mutes und der Hoffnung.

Die namenlose Protagonistin, zu Beginn des Romans 10-jährig, am Ende eine junge Frau von 15 Jahren, wächst in einer Reihenhaussiedlung unter prekären familiären Bedingungen auf. Der Vater ist ein gefühlloses Monster, das seine Lust am Quälen als Großwildjäger auslebt und beim Misshandeln seiner Frau.

Die Mutter ist ein willenloses Opfer, eine Amöbe, wie die Tochter sie bezeichnet, die sich am liebsten um ihre Zwergziegen und den Sittich kümmert.

Der kleine Bruder, vier Jahre jünger als sie, ist die engste Bezugsperson des Mädchens und wird von ihr heiß und innig geliebt und beschützt.

Eines Tages geschieht in der Siedlung ein furchtbarer Unfall, dessen Zeugen die beiden Kinder werden und eine Reise in die Dunkelheit, bedingt durch dieses Trauma, beginnt.

 

Der Leser folgt der jungen Heldin auf ihrem fünfjährigen Weg den Bruder zu retten, der in eine Parallelwelt aus Brutalität und Tierquälerei abdriftet, und für sich selbst einen Platz in der Welt zu finden.

Das alles ist in einer schnodderigen, sehr bildgewaltigen, manchmal auch trashigen Sprache geschrieben und lässt einen die Ängste, Fantasien und Nöte des Mädchens hautnah miterleben.

Es ist ein feministischer Roman mit teils märchenhaften Zügen. Was auch immer der Protagonistin Grausames widerfährt, lässt sie nicht zum Opfer werden, lässt sie nicht aufgeben, um ihre Freiheit zu kämpfen.

Ihr zur Seite stellt Dieudonné ein wunderbares, mit vielen menschlichen Schwächen behaftetes Personal, welches das Mädchen wie gefallene Engel, oder eben märchenhafte Gestalten, beschützt.

Monica, die sanfte Nachbarin, die wunderbare Geschichten erzählt, Professor Pavlovic, der das Mädchen in ihrer Begeisterung für Physik unterstützt und lehrt und eine junge Familie, bei der sie erlebt, wie eine wahre Familie aussehen kann.

All diese Helfer in der Not haben selbst schwere Päckchen zu tragen und umso monströser wirkt der Vater, der zwar höchstwahrscheinlich auch ein Kindheitstrauma zu verarbeiten hat, denn oft hört er ein Lied, bei dem er hemmungslos weinen kann, der aber seine Trauer und Verzweiflung nur in dumpfe Brutalität kanalisieren kann.

 

Trotz allem Schrecken und allem Blut welches in diesem Buch fließt, ist Dieudonnés Roman dennoch voller voller Hoffnung und der Erkenntnis, dass der Mensch immer die Wahl zwischen Gut und Böse hat, und am Ende immer das Gute siegt.

Kommentare

alasca kommentierte am 25. Juli 2020 um 23:38

Ist das so? Am Ende siegt immer das Gute? ;-)

Liegt auch noch auf meinem SUB. Bin gespannt!