Rezension

Glaubwürdige Geschichtsschreibung

Plan D - Simon Urban

Plan D
von Simon Urban

Bewertet mit 4 Sternen

Ich muss als aller erstes gestehen, dass das Buch seit März ein tristes Dasein in meinem Regal gepflegt hat, aber dann ab ich es doch endlich mal zur Hand genommen und wurde nicht enttäuscht. Allein der nachgeschobene Satz im Klappentext hat mich zum schmunzeln gebracht. Ich finde der Klappentext verät wirklich nicht zu viel, sondern macht nur neugierig auf mehr und dieses mehr hat es in sich, aber ich will euch wie immer nicht zu viel verraten, also komm ich direkt mal zu den allgemeinen Dingen, die für "Plan D" sprechen. 
Als allererster Punkt ist da diese komplett und wirklich perfektioniert ausgearbeitete Version der DDR der 2010er Jahre. Urban hat wirklich an keinem Detail gespart und wirklich alles so gestaltet wie ich sie mir vorgestellt habe. Er hat die DDR an die neue Zeit angepasst, hat den Trabi gegen Phobos ausgetauscht, die mit Pflanzenöl (?, dieses Mysterium hab ich noch nicht ganz geklärt) fahren und das Navodobro eingeführt, die Ost-Version unseres guten alten Navis. Diese Wortschöpfungen sind eine Sache die, das Buch so unheimlich gut machen, weil man immer schmunzeln muss. Auch die Geschichte der Wiederbelebung ist vollkommen überzeugend.
Der Hauptcharakter Martin Wegener hat mich von Anfang komplett überzeugt. Er ist ein Osi, ein hoffnungsloser Gefangener in seinem System und ein Verlierer-Typ, welcher immer noch seiner Ex-Freundin Karolina nachtrauert und die Stimme seines verschwundenen Mentors hört. Seine beste Waffen ist sein Misstrauen, denn ohne Misstrauen kann man nicht überleben, aber dieses endet auch in Verschwörungstheorien. Trotzdem ist er ein kluger gerissener Charakter, welcher am Ende beinahe an sein Ziel kommt. Er kommt authentischer rüber als viele Charaktere die ich in der letzten Zeit kennen gelernt habe. 
Sein westliches Gegenstück ist Brendel, gut aussehender Kommisar aus Berlin West, welcher Wegener helfen soll den Mord aufzuklären, der nach Stasi-Racheakt schreit und wichtige Verhandlungen zwischen Ost und West gefährdet. Der Tote selbst rückt mit der Zeit in den Hintergrund, aber dafür kommen seine politischen Machenschaften ans Tageslicht, welcher wirklich durchdacht waren und nicht aus der Luft gegriffen. Im Allgemeinen waren die politischen Aussagen und Theorien wirklich authentisch dargestellt.
Mit der Zeit werden immer mehr Charaktere eingeführt, welche man sich aber sehr gut merken kann, da sie sehr markant sind. Teilweise haben sie nur einen Auftritt, welche vollkommen in Ordnung sind, da sie dadurch die Geschichte voran treiben und neue Anreize geben.
Schade fand ich das wichtige Charaktere auf einmal verschwunden sind als hätten sie keine Rolle mehr gespielt, deshalb bin ich wohl ein bisschen unbefriedigt, weil ich gerne wüsste was denn nun mit seinem Mentor passiert ist und warum seine Stimme auf einmal nicht mehr da ist. 
Besonders gefallen hat mir die Einteilung des Buches in einzelne Tage, dementsprechend gab es auch keine Zeitsprünge, welche verwirren könnten, aber dafür hatte es die Sprache und die Gestaltung in sich so das man teilweise zweimal lesen musste um zu verstehen was gemeint ist. Es war also nicht ganz leicht zu lesen und ich würde behaupten man muss sich ersteinmal einlesen bevor man wirklich alles versteht.
Das Puzzle, welches sich mit der Zeit entwickelt wird auch nur langsam aufgeklärt und an manchen Stellen wirkt das Buch ein wenig langatmig, was der Spannung aber keinen Abbruch tut, denn auf einmal treten wieder Personen auf die man an dieser Stelle nie erwartet hätte. 
Das Ende ist sehr offen gestalt, es lässt sich nur so viel sagen die brisanten Theorien Hoffmans (das Mordopfer) werden am Ende gefunden und sie können vieles entscheiden. Die Wirtschaftsabkommen, die Wiedervereinigung. 

Gesamtwertung
Wie ihr merkt bin ich schwer begeistert von "Plan D" und kann es euch auch wirklich nur weiterempfehlen. Viel mehr gibt es da gar nicht zu sagen. Die Idee ist wirklich orginell und zumindest ich für meinen Teil habe so eine DDR Geschichte der Gegenwart wirklich noch nie gelesen. Trotz all den amüsanten sarkastischen Stellen blieb auch die Ernsthaftigkeit nicht aus, denn könnte es nicht wirklich so sein? Hätte man nicht aus Wiedervereinigung eine Wiederbelebung machen können?