Rezension

Gleichnis vom verlorenen Schaf und eine Geschichte von gegenseitiger Hilfsbereitschaft

Feldmann und Lammer
von Juli Zeh Dunja Schnabel

Bewertet mit 5 Sternen

"Feldmann und Lammer" werden mir für immer wegen des krass magentaroten Regenschirms in Erinnerung bleiben, unter dem Lammer bei seinen Schafen ausharrt - und dem doch tatsächlich ein winziger magentaroter Schmetterling die Schau stiehlt. Die beiden Bauern, einer dürr, einer schnurrbärtig, leben getrennt durch einen riesigen Zaun, in den sie ein Guckloch gesägt haben. Beunruhigend aktuell haben beide keine Frau und keine Kinder. Samstags kocht Feldmann für sich und Lammer Broccoli-Auflauf mit Schokosoße. Die Broccoli-Röschen sehen aus wie kleine Bonsais. Mit Mikrowelle und Wetterstation ist Feldmanns Haushalt im Vergleich zu manchem Landwirt im Bilderbuch vergleichsweise modern ausgestattet. "Wie alle Bauern jammert Feldmann gern." Eine Rekord-Weizenernte führt dazu, dass Feldmann investiert und den Betrieb vergrößert, obwohl er das Geld nicht wirklich braucht. Lammer versteht seinen Kumpel nicht, der neuerdings kaum noch Zeit zum Kochen findet. Als Lammer ein Lamm vermisst und der ganze Ort zum Suchen antritt, wird deutlich, dass Feldmann durch seinen Ehrgeiz sehr einsam geworden ist.

Juli Zeh, die selbst nicht religiös ist, erzählt in dieser Geschichte zwei Abschnitte aus dem Lukasevangelium. Das Gleichnis vom verlorenen Schaf trifft in idealer Weise die Bedürfnisse von Vorschulkindern; denn das Lamm kehrt glücklich zu seiner Herde und seiner Mutter zurück. Habgier als Erklärung für Feldmanns Verhalten in seinem realen Berufsfeld dagegen wirkt sehr märchenhaft und wird nicht allen Kindern genügen. Kindern, die selbst Landwirte kennen, wird Feldmanns Expansion kaum damit erklärt werden können, dass er immer reicher werden will. Reich werden Landwirte kaum, aber wie Feldmann finden einige keine Frau. Die Erklärung für Feldmanns Umstellung auf Maisanbau aufgrund der Nachfrage klingt sehr viel realistischer.

Auch für Leser und Vorleser, die die Geschichte der Nachbarn Feldmann und Lammer nicht als religiöses Gleichnis sehen, erzählt das Buch altersgerecht vom Alleinsein und von Hilfsbereitschaft innerhalb einer Gemeinschaft.

ab 4 Jahre