Rezension

Gottes Stimme in der Stille hören

Um mich Stille, in mir Gott - Diane Comer

Um mich Stille, in mir Gott
von Diane Comer

Bewertet mit 4 Sternen

Geschichte über Hörverlust und die Auswirkung auf Alltag, Glaube und Sozialleben - eindrucksvoll, ehrlich und wahr

Cover und Gestaltung:

Das Titelbild ist wunderschön gestaltet, überall kleinen Blumen, die für mich symbolisch dafür sind, das Schöne in den vielen kleinen Dingen im Leben zu sehen. Dies ist vergleichbar mit den schönen Dingen, die die Autorin gelernt hat, durch ihre Gehörlosigkeit besser wahrzunehmen. Diese kleinen Blumen werden in grauer Farbe auch auf jeder Seite verwendet, es erinnert etwas an ein Poesiealbum oder einen Gedichtband. Der Titel ist leicht ausgestanzt, was einen angenehmen haptischen Effekt erzielt. Mich hat diese schlicht-schöne Gestaltung direkt angesprochen. Als Klappenbroschur ist dieses Buch ein sehr hochwertiges Taschenbuch.

Inhalt:

Diane Comer ist 26 Jahre alt, Mutter von 3 Kindern und Ehefrau eines Pastors, mit dem sie gemeinsam eine Gemeinde gegründet hat, als sie erfährt, dass ihr Gehör nachgelassen hat. Schlimmer noch: sie wird nach und nach taub. Diese schwere Zeit ist geprägt von Verzweiflung, Wut und Zurückgezogenheit. Doch dann hört Diane, wie Gott sich ihr in der Stille offenbart und alles wird anders für sie. In diesem Buch erzählt sie ihre wahre Geschichte.

Mein Eindruck:

Mein erster Eindruck wurde geprägt von 3 Seiten Stimmen zum Buch, die das Buch in den höchsten Tönen lobten. Ich gestehe, dass ich kein Fan davon bin, dass ein Buch gleich am Anfang Lobpreisungen auf sich selbst beinhaltet, lieber bilde ich mir meine eigene Meinung. So habe ich den Teil einfach überschlagen und mich gleich ins erste Kapitel gestürzt, das mit einem bewegenden Vorwort der Autorin beginnt:

"[...]Meine Geschichte ist vielmehr eine Geschichte völligen Versagens - und von Gottes unablässiger Treue, mit der er trotzdem an mir festhielt. Sie erzählt davon, wie Gott mir nachging und wie ich mitten in meiner hässlichen Krise flüchtige Blicke auf Schönes erhaschen konnte, die mich nach mehr ausstrecken und sehnen ließen. Nach etwas , das mir fehlte. [...]"

Dann schildert die Autorin in chronologischer Reihenfolge, wie ihre Gehörlosigkeit begann, welche Ängste sie durchmachte und dass sie glaubte, wenn sie nur ein "braves Mädchen" wäre, dann könnte sie sich Gottes Liebe verdienen und er würde sie von ihrer Taubheit befreien. Als Frau eines Predigers hat sie den Anspruch, nach außen perfekt wirken zu wollen und vorbildlich ihren Glauben vorzuleben. Sie denkt, dadurch verdiene sie sich Gottes Segen und ist zutiefst enttäuscht, dass er sie nicht heilt, sie nicht zu hören scheint. Erst nach und nach lernt sie, ihn in der Stille zu hören, wahrzunehmen, was er von ihr will und dass er immer bei ihr ist. Sein Segen ist ein Geschenk, kein Verdienst. Sie schildert auch, welche Phasen der Gehörlosigkeit es gibt, welche Hörgeräte und Implantate unterstützen können und was dies für ihren Alltag und für ihr Familienleben bedeutet. Da ich selbst kaum Gehörlose kenne, fand ich es sehr aufschlussreich, wie offen und detailliert sie all dies schilderte und ich habe es sehr bewundert, wie sie ihre Familie dabei unterstützt hat. Als hörender Mensch macht man sich über viele Probleme von tauben Menschen keine Gedanken und nach diesem Buch bin ich noch dankbarer für ein funktionierendes Gehör und höre noch genauer hin. Auch wenn Diane von einer Geschichte des Versagens spricht, empfinde ich sie als eine starke Frau, die trotz ihrer schweren Phasen und ihrer partiellen Zurückgezogenheit immer für ihre Familie und ihre Freunde da sein wollte und letztendlich nie aufgegeben hat. Ihre Stärke zeigt sich auch in ihrer schonungslosen Offenheit über ihre Gefühle, Gedanken und ihre allgemeine Selbstkritik.  Ihr christlicher Glaube spielt in ihrem Leben eine zentrale Rolle. Im Buch schildert sie sehr detailliert, welche Bibelstellen sie in welcher Phase angesprochen haben und sie versucht, in Geschichten von Hiob oder Sarah Antworten für sich zu finden. Ihre Bibelinterpretationen fand ich interessant, konnte mich jedoch nicht vollkommen damit identifizieren. Auch das Empfinden, immer ein "braves Mädchen" sein zu müssen, erscheint mir etwas altmodisch, aber hier bin ich einfach anders erzogen bzw. sozialisiert worden. Wenn man eine solche Einstellung vermittelt und schließlich verinnerlicht hat, ist es schwer, sich davon zu lösen. Daher empfand ich ihre Glaubenswende umso erstaunlicher.

Doch Dianes Geschichte soll nicht vermitteln, dass man taub sein muss, um Gott zu hören, sondern ein Aufruf an alle, sich Ruhezeiten zu gönnen, um nach Gottes Stimme zu lauschen:

"Um in diese Ruhe einzutreten, die ich so dringend brauche, muss ich mich bewusst dafür entscheiden. Ich darf nach ihr fassen, indem ich auf seinen Heiligen Geist höre, der Gottes Wort benutzt, um mich zu ermahnen, zu erinnern und zu ermuntern. Dasselbe gilt für jeden von uns. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass jeder, der es will, genau wie ich lernen kann, Gottes Stimme zu erkennen und diesem Gott aufmerksam zuzuhören. Diesem Gott, der uns zum Hören einlädt." (S. 178)

Fazit:

Geschichte über Hörverlust und die Auswirkung auf Alltag, Glaube und Sozialleben - eindrucksvoll, ehrlich und wahr